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oder sich noch bildenden Kapitalien, die Zin-
se von Landanlehen, oder solchen Kapita-
lien, wovon die berechtigten Einnehmer
nicht mehr auszuforschen sind, die Ver—
mächenisse für die Armen, insofern solche
nach dem Willen der Erblasser zu einer stän-
digen Jahres Einnahme angelegt werden sol-
len, und der vierte Theil derjenigen Ver-
mächtnisse und Verlassenschaften, welche für
fromme Zwecke überhaupt bestimmt sind.
Artikel ör.
Die freiwilligen Beiträge bestehen in
einzelnen Gaben an Gelb und Naturalien,
welche von Menschen Freunden aus eigenem
Triebe zum Zwecke der Armenpflege gereicht,
und sofort zu den laufenden Bedürfnissen
verbraucht werden. Dazu kommen noch die
Vermächtnisse, die zur augenblicklichen Ver-
theilung unter die Armen bestimmt sind,
und diejenigen Zuflusse, welche durch beson-
ders veranstaltete Sammlungen seweohl von
einzelnen Persenen, als von ganzen Gemein-
den, Gesellschaften und Körperschaften unter
sich zusammen gebracht werden.
Artikel 62.
Allgemeine und besondere Sammlungen
im Namen der Armenpflegen unmittelbar
werden veranstaltet monatlich von Haus zu
Haus, da wo sich die Gemeinde Glieder zu
einem bestimmten zeitweisen Beitrage unter-
zeichnet haben; dann in den Kirchen an den
höheren Fesitagen; ferner in den Gastwirehs-
Häusern mittels Aufstellung eigener Armen-
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buͤchsen; und endlich bei allen wichtigen und
erfreulichen Ereignissen fuͤr den Staat oder
einzelne Gemeinden.
Artikel 63.
Je nach den örtlichen Verhältnissen kön-
nen auch besondere unständige Abgaben zu
dem Zwecke der Armenpflegen eingeführt
und erhoben werden, welche vorzugsweise
auf die öffentlichen Vergnügungen, nament-
lich feierliche Hochzeiten in den Tafernen,
Bewilligungen zu Haltung von Tanzmusik,
besonders über die gewöhnliche polhzeiliche
Feierstunde hinaus, feierliche Um: und Auf-
züge der Handwerker, Schützenfeste 2c. Schau-
Buden, Bälle, Maskeraden, Theater u.
dgl. zu legen sind.
Artikel 64.
Wenn alle vorbenannten Hilfsquellen
das streng bemessene Bedürfniß der Armen-
ffegen nicht decken, so wird der Abgang
aus dem Gemeinde Säckel, oder durch An-
leihen ersetzt; und nur dann erst, wenn auch
diese Mittel nicht anwendbar oder zureichend
seyn sollten, wird zu Pflicht Beiträgen oder
Armen Beisteuern geschritten. Die Art und
der Maßstab derselben wird nach den Ver-
hältnissen der Orte und Bezirke besonders
bestimmt, und sie gelten nur auf eine gewisse
Zeit. Es ist jedoch darauf zu sehen, daß
diese Beisteuern mit der größten Allgemein-
heit und Gleichheic, ohne irgend einer Be-
freiung von allen Ständen geleistet werden:
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