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Anweisung der gesammten Pflegschaft. Ein-
seitige Anweisungen der Vorstaͤnde oder ein-
zelner Mitglieder sind nicht guͤltig.
Artikel 69.
Damit solchen Armen, welche sich im
Drange unvermeidlicher Noth befinden, und
nicht erst die Förmlichkeit der Armen Beschrei-
bung und der Pflegschaftsbeschlüsse abwarten
können, die erforderliche angenblickliche Hilfe
verschaft werden möge, darf den Pfarrern
wöchentlich eine verhäálenißmäßige Summe
zur Vorausgebung anvertram werden, wo-
bei sie jedoch mit aller Umsicht zu verfahren,
und die Sache sobald als möglich in den or'
dentlichen Gung einzuleiten haben.
Actikel 70.
Ueber die Verwendung aller Erträgnisse
wird jährliche Rechnung gestellt, welche zu
Jedermanns Einsicht offen seyn, in den Städ-
ten aber durch den Druck bekanne gemacht
werden soll.
Dritter Abschnitt.
Von dem Geschäftsgange der Ar-
menpflegen, und von den Verhält-
nissen derselben zu den öffenrli:
chen Behörden.
Titel I.
Von den Versammlungen in Arcmensachen
und deren Beschlüssen.
Artikel 71. .
Woͤchentlich soll jeder PflegeRath und
Ausschuß eine Versammlung halten, um die
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in ihren Wirvungskreis elnschlagenden Ge-
genstände zu berathen, und darüber zu be-
schließen, auch Anbringen und Beschwerden
#im Armenweisen anzuhören und zu beschei-
den, und erwa abgeforderte Guctachten abzu-
geben. Für wichtige dringeude Angelegen-
heiten werden ausserordentliche Sitzungen ver-
anlaßt. «
Artikel 72.
In den ordentlichen Sitzungen befassen
sich die Raͤthe und Ausschuͤsse namentlich
und vorzuͤglich damit:
1) die verschiedenen Geschaͤfte, insbeson-
dere die erste Aufnahme der Armen Beschrei-
bungen, die Einnahme der Gefälle, die Vor-
ausgabung und die Aufsicht auf die den Ar-
menpflegen angehörigen Anstalten zu verthei-
len, zu dem Ende die nöthigen Gehilfen,
Einnehmer, Säkelmeister und Aufseher zu
wählen, anzuweisen und in ihren Verrichtun-
gen zu leiken;
2) die gesammelten Acmen Beschreibun-
gen zu prüfen, zu berichtigen, zusammenzu-
stellen, und jährlich zu erneuern; die Be-
werber und den Pflege Genuß nach Umstäu=
den vorzuladen, zu vernehmen und zu be-
scheiden; zu bestimmen, welche Arme zum
Genusse zuzulassen seyen; die Art, Größe
und Dauer ihrer Unterstützungen festzusetzen,
und Herberge, Nahrung, Kleidung, Ver-
pflegung und Versorgung zu regeln.
3) Vorczüöglich für Unterricht und Arbeit
zu sorgen, nach Bedücfuiß die Herstellung