922 Nr. 121. 1918.
halb nicht mehr vorzunehmen, eingeleitete Vollstreckungen sind alsbald zu unter-
brechen und aufzuheben. Die Strafvollstreckungsbehörden haben die erforder-
lichen Feststellungen und Anordnungen unverzüglich zu treffen. Beschuldigte und
Verurteilte, die hiernach aus der Untersuchungshaft oder Strafhaft zu entlassen
sind, sind der zuständigen Polizeibehörde, die rechtzeitig zu benachrichtigen ist, zur
Verfügung zu stellen. Einer Mitteilung zum Strafregister bedarf es nicht.
Als Internierte im Sinne des Vertrags sind solche Personen anzusehen,
die entweder in ein sogenanntes Internierungslager verbracht oder wegen ihrer
russischen Staatsangehörigkeit sonstwie in militärische Sicherungshaft genommen
worden sind. Waren die Personen lediglich durch sonstige Maßnahmen, wie
polizeiliche Meldepflicht, Reiseverbot, Aufenthaltsbeschränkung usw. in ihrer per-
sönlichen Freiheit beschränkt, sp gelten sie nicht als interniert im Sinne des Ver-
trags. Als während der Internierung begangen sind auch die Taten solcher zum
Lagerbestande gehöriger Personen anzusehen, die unter militärischer Bewachung
außerhalb des Lagers beschäftigt werden, wenn sie auch nicht regelmäßig in das
Lager zurückgeführt werden. Dagegen gelten Personen, die zur freien Arbeit
entlassen sind und nicht mehr militärisch bewacht werden, für die Zeit nach der
Entlassung nicht mehr als Internierte. — Sollte sich jemand auf die Vergünsti-
gung der Straffreiheit mit der Begründung berufen, daß er die Straftat während
der Verschickung begangen habe, so ist an das mitunterzeichnete Justizmini-
sterium zu berichten.
Hinsichtlich des Kreises der begünstigten Personen ist weiter zu beachten, daß
unter den „Angehörigen des anderen Teiles“ nur die Angehörigen desjenigen
russischen Gebietes anzusehen sind, auf das sich der Friedensvertrag mit Rußland
erstreckt, also nicht die Angehörigen der Ukrainischen Volksrepublik, die Ange-
hörigen Finnlands und die Angehörigen der sogenannten Randstaaten. Die
Frage nach der Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Gebiete läßt sich im
Hinblick auf die Ungeklärtheit der innerstaatlichen Verhältnisse dieser Gebiete nicht
nach allgemeinen, festen Grundsätzen, sondern nur für den Einzelfall entscheiden,
wobei neben der Muttersprache, der Religion und der Familienzugehörigkeit ins-
besondere zu berücksichtigen ist, wo jeder den Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen
Tätigkeit hatte. Zweifel sind, soweit tu #lich, zu Gunsten der Beschuldigten oder
Verurteilten zu lösen; erforderlichenfalls ist Entscheidung einzuholen. Kriegs-
gefangene sind in jedem Falle als Angehörige des russischen Heeres anzusehen
und fallen deshalb ohne Rücksicht auf die Gebietszugehörigkeit unter die für sie
gegebenen Sondervorschriften. — Für di. Angehörigen der Randstaaten, die nicht
kriegsgefangen sind, fehlt es demmach — abgesehen von der Vergünstigung des