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Gesinde-Dienstzwange gerade wie bey den
Frohnen mit Hand und Zugvich. Die Froͤh-
ner werden sich mit Recht weigern, die
Gesammtheit der Frohnen zu thun, wenn
die Zahl der Fröhner sich verringert hat.
Unter diesen Umständen vermögen wir
es nicht, diese Bedingung des getreuen Land-
tags mit dem Entwurfe des Gesetzes zu
vereinigen. Es wird aber auch deshalb
nicht nöthig seyn, weil nach drey Jahren
zu Folge des F. 2. die Ermittelungsbehörde
officiel eintritt, und der Wegfall der Dienst-
barkeit ohnehin nicht ausbleiben kann. Sollte
nun zu 1. nach dem Wunsche deS Landtags
der Dienstberechtigte die Theile des Entscha-
digungs-Kapitals nur von denen einfordern
können, welche für den Augenblick zwangs-
dienstfähig sind und sollen alle Wohnungen,
wo dermalen keine Dienstzwangerflichtigen
gerade vorhanden sind, oder deren Bewoh-
ner schon Zwangsdienst leisteten, vom Bey-
trag vor der Hand frey seyn; so würde
dadurch der Zweck des ganzen Gesetzes, Um-
gehung einer gewaltsamen Aufhebung durch
billige Entschädigung, fast ganz vernichtet
werden und, während man den Armen vor-
zügliche Berücksichtigung dadurch angedeihen
lassen will, wird es dieser Theil gerade al-
lein sepn, welchen man zur Zahlung bepy-
zieht, während der wohlhabendere Theil
des Bezirks, auf dem die Zwangspflichtigkeit
ruht, ganz frey ausgeht. Es würden näm-
lich zuerst alle die Bauergüther, deren Be-
wohner reich genug sind, um ihre Kinder
nicht bey Fremden dienen zu lassen, wo also
der Fall der Dienstzwangs-Verpflichtung nicht
eintrete, gar niemals in den Fall kommen,
dem Zwangedienstherrn contribuabel zu wer-
den, und nur die wenigen Armen, die für
den Augenblick dienstpflichtige Kinder hätten,
müßten ihren Antheil zahlen. Die Er-
sahrung lehrt, daß in reichen Bauernhäu=
sern oft in funfzig und hundert Jahren aus
gedachtem Grunde keine Dienstpflichtigen zu
Zwang genommen werden konnten. Ec reicht
aber schon ein Zeitraum von zwanzig Jah'
ren hin, damit dem Dienstberechtigten die
Absindungs-Quote, die ihm ja unterdessen we-
der verzinset, noch sonst abgeleistet werden
solle, von allen solchen Häusern verloren gehe,
indem er den mit zwanzig kapitalisirten jahrli-
chen Durchschnitts-Mehraufwand für freyes
Gesinde schon in der That zwanzigmal aufge-
wendet hat. Die Erfahrung lehrt ferner, daß
im Durchschnitt die Veränderung der Besitzer
der Grundstäcke alle fünf und zwanz'g Jahre
einmal eintrete. Man darf dayer annehmen,
daß im gleichen Zeitraum in jedem Hause nur
ohngefähr einmal Kinder vorhanden sind, wel-
che das Alter der Zwangädienstpflicht haben.
Mithin würde auch von allen Häusern der Aer-
meren, wo jetzt keine Zwangs-Dienstpflichti-
gen vorhanden wären und deren Besitzer also
nach dem Vorschlage des Landtags vorerst
nicht ablösungöfähig wáren, der Zwangs-
Pflichtberechtigte im Durchschnitt erst nach 25
Jahren das Absindungs= Duantum erheben
koönnen, d. h. erst in einer Zeit, wo er bereits
durch den Mehraufwand für freyes Gesinde
einen Verlust erlitten hätte, der das Entschä-
digungs-Kapital, nach 5 vom Hundert be-
rechnet, überstiege. Wir wollen dabey nicht
erwähnen, daß die Führung von eigenen ge-
richtlichen Katastern über die Häuser, welche
abgelöset hätten, und welche nicht? nothwen-
dig wurden; gedenken müssen wir aber, daß
nach längern Jahren neue Rechtsstreite darüber
sicher nicht ausbleiben wurden. Gewiß werden in
einem Sprengel von z. B. hundert Häusern
kaum zehen gefunden werden, worinne für den
Augenblick Dienstpflichtige vorhanden sind.
Der Erfolg des Gesehes wäre also der: der
Dienst-Empfangende muß das höhere Dienst-
lohn der frepen Dienstboten von Stund an zah-
len, das Gesetz läßt ermitteln, wie er auf
eine für die Dienstleistenden möglichst günstige