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Sechstes Kapitel.
Von Verletzungen der perfoͤnlichen Freiheit.
Artikel 145.
Meu schenrannb.
Wer sich, ohne ein Recht dazu zu haben, eines Menschen entweder
durch Gewalt oder List, oder vor dessen zurückgelegtem vierzehnten Jahre mit
dessen Willen, jedoch ohne Einwilligung seiner Aeltern, Vormünder oder Er-
zieher dergestalt bemächtiget, daß derselbe dem Schutze des Staates oder der-
jenigen, welche ihn in rechtmäßiger Gewalt haben, entzogen wird, ist
1) mit zehen= bis funfzehnjähriger Zuchthausstrafe ersten Grades zu
belegen, wenn dabei die Leibeigenschaft oder Sklaverei der geraub-
ten Person beabsichtiget worden istz
2) mit sechs= bis zehnjähriger Zuchthausstrafe zweiten Grades, wenn
der Geraubte zum auswärtigen Kriegs= oder Schiffs-Dienste ge-
braucht werden soll, oder der Raub von Bettlern, Landstreichern,
Gauklern oder anderen dergleichen Personen an Kindern unter vier-
zehn Jahren verübt worden istz
3) in anderen Fallen mit Arbeitshausstrafe von drei Jahren bis zu
sechsjähriger Zuchthausstrafe zweiten Grades.
Mit den unter 1 bestimmten Strafen sind auch Aeltern, Vormünder und
Erzieher, welche ihre Kinder oder Pflegebefohlenen anderen Personen zu den
daselbst gedachten Zwecken überlassen, ingleichen diese Personen selbst zu belegen.
Artikel 146.
Die Ueberlassung von Kindern unter vierzehn Jahren von Seiten der
Aeltern, Vormünder oder Erzieher aus gewinnsüchtiger Absicht zu den im Art.
145 unter 2 angegebenen Zwecken oder an die eben daselbst bezeichneten Per-
sonen ist an den Ueberlassern mit Arbeitshaus oder Zuchthaus zweiten Grades
bis zu zwei Jahren, an den Annehmern mit Gefängnißstrafen bis zu vier
Monaten, die ohne gewinnsüchtige Absicht erfolgte Ueberlassung von dergleichen
Kindern an die unter 2 erwähnten Personen an den Ueberlassern mit Ge-
fdngniß von sechs Wochen bis zu einem Jahre, und an den Annehmern mit
Gefangnißstrafe bis zu drei Monaten zu ahnden, insofern nicht, soviel den
letzten Fall anlangt, die obrigkeitliche Behörde des Kindes die Genchmigung
zu der Ueberlassung an solche Personen, welche nicht als Bettler und Land-
streicher zu betrachten sind, ertheilt hat.