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Ministerial-Bekanntmachung.
Das Großherzogliche Staats-Ministerium ist in Folge längere Zeit fort-
gesebter Beobachtung zu der Vermuthung gefübrt worden, daß von Seiten
einzelner Untersuchungsbehörden des Großherzogthumes die Frage nicht immer
mit der gehörigen Sorgfalt erwogen werde, ob Angeschuldigte in Untersuchungs-
haft zu nehmen, bezüglich darinnen zu halten sind. Wenn nun — abgesehen
von den seltenen Fällen, in denen ausnahmsweise eine vorübergehende
Gefangenhaltung nothwendig erscheint — die Untersuchungöhaft nur dann ge-
rechtfertigt werden kann, wenn zu befürchten steht, entweder, daß sich der
Angeschuldigte durch die Flucht der Untersuchung entziehen, oder daß er seine
Freiheit gebrauchen werde, um die Errcichung des Zweckes der Untersuchung
durch Kollusionen unmöglich zu machen oder doch zu erschweren, die Entziehung
der persönlichen Freiheit eines Angeschuldigten während der Dauer der Unter-
suchung ohne eine auf diese Weise begründete Nothwendigkeit aber um so
gewisser sorgfältig zu vermeiden ist, je erheblicher, mit der Strafe des ange-
schuldigten Verbrechens häufig ganz außer Verhältniß stehend, die mit der Haft
verbundenen Nachtheile für den Angeschuldigten jeder Zeit seyn und je mehr
daneben durch die Untersuchungshaft die Kosten werden erhöhet werden: so
macht sich in jedem einzelnen Falle eine recht sorgfältige Erwägung, ob die
angeführten Rücksichten die Verhaftung und fortgesebte Gefangenhaltung noth-
wendig erscheinen lassen oder nicht, dringend erforderlich.
Da diese zunächst den Untersuchungsbehörden zusteht, so sollen dieselben,
soweit dieses nöthig, höchstem Befehle Sr. Königlichen Hoheit, des Großher=
zogs, gemäß, auf die Pflicht einer recht genauen Erwägung der ebenerwähn-
ten Frage hierdurch noch besonders aufmerksam gemacht werden.
Weimar am 27. Juli 1847.
Großherzoglich Sächsisches Staats-Ministerium,
drittes Departement.
von Watzdorf.