Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1890. (74)

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Als Werth der Tantiemen und Naturalbezüge wird der von der unteren Ver— 
waltungsbehörde festzusetzende Durchschnittswerth in Ansatz gebracht (§ 3 Absatz 1 
des Gesetzes). 
Diejenigen Personen, welche als Entgelt für ihre Beschäftigung nur freien 
Unterhalt beziehen, deren Naturalbezüge also auf die Befriedigung ihrer persönlichen 
Lebensbedürfnisse (Nahrung, Wohnung, Kleidung) beschränkt sind, werden von der 
Versicherung ausgenommen (§ 3 Absatz 2 des Gesetzes). Hiernach fallen z. B. die 
in gewerblichen Betrieben oder in der Landwirthschaft ihrer Eltern beschäftigten 
Hauskinder, sowie Lehrlinge, welchen zwar freier Unterhalt, aber nicht ein darüber 
hinausgehender Lohn oder Gehalt gewährt wird, nicht unter die Versicherung. Die 
Personen werden auch dadurch nicht versicherungspflichtig, daß sie ein Taschengeld 
erhalten; denn letzteres stellt sich regelmäßig als Geschenk dar oder fällt doch, soweit 
es allgemein üblich ist, unter den Begriff des freien Unterhalts. 
XI. Die Anwendbarkeit des Gesetzes ist beschränkt auf die freien Arbeiter. Es 
fallen somit aus der Versicherung die Strafgefangenen, mögen dieselben innerhalb 
oder außerhalb der Gefangenanstalt beschäftigt werden, sowie die in Arbeitshäusern, 
Besserungsanstalten u. s. w. untergebrachten Personen. 
Dagegen sind die in Arbeiterkolonien oder Wanderverpflegungsstationen, in 
Armenhäusern, Irrenanstalten, Blindenanstalten, Idiotenhäusern oder Anstalten für 
Epileptische beschäftigten Personen als versicherungspflichtig anzusehen, soweit sie einen 
den freien Unterhalt übersteigenden Lohn oder Gehalt für ihre Arbeit erhalten. 
XII. Der Begriff des „Gesellen“ ist im Wesentlichen dem § 121 der Gewerbe- 
ordnung entnommen und bezeichnet die unselbständigen im Handwerk technisch aus- 
gebildeten Personen. Dagegen ist der Begriff „Gehülfe“ nicht in dem engen Sinne 
des gewerblichen Hülfspersonals, sondern in der weiteren Bedeutung eines Arbeits- 
gehülfen zu verstehen und umfaßt alle Hülfspersonen eines Arbeitgebers, deren 
Thätigkeit in wirthschaftlicher und sozialer Beziehung derjeuigen des Arbeiters, Ge- 
sellen oder Dienstboten im Allgemeinen gleichwerthig ist. 
Hiernach werden z. B. die bei Reichs-, Staats-, Kommunalbehörden, sowie die 
in den Büreaus der Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Gerichtsvollzieher, 
Auktionatoren, Berufsgenossenschaften u. s. w. beschäftigten Schreiber, Kanzlisten, 
Kassenboten, Kanzleidiener, Polizeidiener, Gemeindediener, Nachtwächter, Flurhüter, 
Feuerwehrleute und ähnliche Angestellte, welche vermöge der mehr mechanischen, auf 
die Verwendung ihrer körperlichen Kräfte und Fähigkeiten gerichteten Dienstleistungen 
mit den Arbeitern u. s. w. auf gleicher oder doch annähernd gleicher Stufe stehen,
	        
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