Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1900. (84)

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schließen. Namentlich kann ein Dritter rechtsgültig dem Mündel gegenüber 
ein Recht aufgeben, ihm eine Schuld erlassen, ihm eine Schenkung machen, 
mit ihm einen Erbvertrag abschließen und dergleichen. Vorausgesetzt ist 
aber überall, daß dem Mündel keinerlei Gegenverpflichtungen aus dem 
Geschäft erwachsen. Sonst bedarf er zu dem Geschäft, — mag es sonst 
noch so vortheilhaft für ihn sein, — der Genehmigung des Vormundes. 
Die Wahrnehmung der aus einem vom Mündel in rechtsgültiger 
Weise vorgenommenen Rechtsgeschäfte diesem gegenüber entspringenden 
Verpflichtungen liegt dem Vormunde ob. 
2. Der Mündel kann selbsthandelnd Verträge aller Art abschließen. 
Der Abschluß von Verträgen im Namen des Mündels braucht daher, 
nachdem der Mündel das 7. Lebensjahr vollendet hat, nicht überall in der 
Weise zu erfolgen, daß der Vormund (§ 6) den Vertrag im Namen des 
Mündels abschließt. Es kann vielmehr auch der Mündel selbst den Ver- 
trag mit vorgängiger Einwilligung des Vormundes für beide Theile 
bindend abschließen. Wieweit von dieser Befugniß Gebrauch zu machen 
ist, bleibt dem pflichtmäßigen Ermessen des Vormundes vorbehalten. 
Aber selbst ein vom Mündel ohne die Einwilligung des Vormundes 
und ohne dessen Vorwissen abgeschlossener Vertrag entbehrt nicht durchaus 
der rechtlichen Wirkung. Vielmehr erlangt auch ein solcher Vertrag in 
allen seinen einzelnen Bestimmungen rechtliche Wirksamkeit, wenn der Vor- 
mund nachträglich den Vertrag genehmigt. Der Vormund hat daher 
in allen solchen Fällen sorgfältig zu prüfen, ob der vom Mündel abgeschlossene 
Vertrag in dessen Interesse liegt, und darnach seine Entschließung über die 
Ertheilung oder Versagung seiner Genehmigung zu treffen und dem an- 
dern Vertragschließenden darüber Mittheilung zu machen. 
Dieser bleibt bis zur Entschließung des Vormundes an den mit dem 
Mündel vereinbarten Vertrag gebunden. Nur dann, wenn er nicht gewußt 
hat, daß er mit einem Mündel abschloß, oder wenn der Mündel wahrheits- 
widrig die Einwilligung des Vormundes zu dem Vertragsabschluß behauptet 
hat, ist der andere Vertragschließende berechtigt, den Vertrag dem Mündel 
oder dem Vormunde gegenüber zu widerrufen. 
Der Vormund kann die Erklärung über die Ertheilung oder Ver- 
sagung seiner Genehmigung sowohl dem Mündel wie dem andern Vertrag- 
schließenden gegenüber abgeben und zwar in jeder Form, mündlich oder
	        
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