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Der Verlobte hat daher bei dem Aufgebotsantrag seine Volljährigkeit nachzuweisen, ent—
weder durch Geburtszeugnis, aus welchem hervorgeht, daß er das 21. Lebensjahr vollendet hat,
oder durch die Urkunde über die erfolgte Volljährigkeitserklärung. Die Volljährigkeitserklärung
wird nach § 5 des Ausführungsgesetzes vom 5. April 1899 vom Staatsministerium erteilt.
Die Verlobte kann durch das Staatsministerium von der Vorschrift über das Ehemündig-
keitsalter befreit werden; sie hat also beim Aufgebotsantrage nachzuweisen, entweder durch Geburts-
zeugnis, daß sie das 16. Lebensjahr vollendet hat, oder durch Urkunde des Staatsministeriums,
daß ihr von der Einhaltung dieser Altersgrenze Befreiung erteilt ist.
Mit Rücksicht auf frühere Vorgänge werden die Standesbeamten angewiesen, die Vorschriften
über die Ehemündigkeit auf das genaueste zu befolgen und eine Verletzung derselben um so gewisser
zu vermeiden, als sie außerdem nach § 69 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 strafbar sind.
§ 45.
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Eingehung einer Ehe der Einwilligung
seines gesetzlichen Vertreters (§ 1304 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). In der Geschäftsfähigkeit be-
schränkt sind (§§ 106 und 114 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) Minderjährige, welche das 7. Lebens-
jahr vollendet haben, sowie diejenigen volljährigen Personen, welche wegen Geistesschwäche,
Verschwendung oder Trunksucht entmündigt oder nach § 1906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
unter vorläufige Vormundschaft gestellt sind.
Alle diese Personen haben, wenn sie eine Ehe eingehen wollen, dem Standesbeamten die
Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters nachzuweisen.
Gesetzlicher Vertreter für eheliche noch minderjährige Kinder ist der Vater, wenn dieser ver-
storben oder für tot erklärt ist, oder wenn er die elterliche Gewalt verwirkt hat und die Ehe auf-
gelöst ist, die Mutter, solange sie noch nicht wieder verheiratet ist (§ 1684 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs); für an Kindesstatt angenommene Kinder der Annehmende, für die volljährigen in
der Geschäftsfähigkeit beschränkten Personen, der Vormund.
Der gesetzliche Vertreter hat sich als solcher vor der Abgabe seiner Erklärung dem Standes-
beamten gegenüber, wenn diesem das betreffende Verhältnis nicht bekannt ist, genügend aus-
zuweisen.
Bei männlichen Personen, welche nur wegen Minderjährigkeit in der Geschäfts-
fähigkeit beschränkt sind (§ 106 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), kann die Einwilligung eines gesetz-
lichen Vertreters (vorbehaltlich der im folgenden § 46 behandelten „elterlichen“ Einwilligung) über-
haupt nicht in Frage kommen, weil sie erst mit erreichter Volljährigkeit ehemündig werden.
Wenn der für einen verlobten Teil bestellte Vormund die Einwilligung in die Eheschließung
verweigert, so kann sie (§ 1304 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) auf Antrag des Mündels durch das
Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Eine Ausfertigung der darüber erteilten amtsgerichtlichen
Entscheidung ist dem Standesbeamten beizubringen.