108 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Aug. 17.— Sept. Anf.)
die Ueberführung des Grund und Bodens aus dem Privat= in den Staats-
oder Kommunalbesitz zur Lösung der sozialen Frage für notwendig.“
17. August. Eine große Expedition unter Führung des Leut-
nant v. Zelewski wird in Uheha südlich vom Ruhaha-Flusse von
Wahehe überfallen und zersprengt; der größte Teil fällt.
20. August. (München.) Eröffnung der Verhandlungen über
den Handelsvertrag zwischen Deutschland, Oesterreich und Italien.
20. August. (Trier.) Eröffnung der Ausstellung des hei-
ligen Rockes.
24. August. Reise des Kaiserpaares nach Merseburg. Bei
der Festtafel in Merseburg bringt der Vorsitzende des Provinzial-
Landtages Fürst Stolberg-Wernigerode den Trinkspruch auf das
Kaiserpaar aus, worauf der Kaiser etwa folgendes antwortet:
Er danke für diesen Ausdruck treuer Gefühle, die felsenfeste Gesinnung
der Bewohner der Provinz sei Ihm hinreichend bekannt. Er habe oft Ge-
legenheit gehabt, die Provinz zu besuchen und mit ihr in Verkehr zu treten.
Es sei Ihm Bedürfnis, Allen für die freundliche Aufnahme zu danken und
für die Gelegenheit, die Ihm geboten worden sei, in der Mitte der Ver-
treter der Provinz zu erscheinen. Die Fürsorge und Mithilfe der Provinz
hätten sich stets bewährt. Die Provinz nehme einen hohen Platz im Vater-
lande ein, sowohl durch ihre Industrie, wie durch ihre Landwirtschaft. Er
hoffe, daß bei dem festen Vertrauen, welches zwischen der Krone und der
Provinz herrsche, der blühende Bauernstand erhalten bleibe und daß derselbe
alle Schwierigkeiten überwinden werde. Als Christen müßten Alle tragen,
was der Himmel schickte. Wir Alle hoffen, daß der Friede erhalten bleibe.
Käme es jedoch einmal anders, so sei es nicht unsere Schuld. In dieser
Hoffnung trinke Er auf das Wohl der Provinz, die wachsen, blühen und
gedeihen möge.
26. August. Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht den Entwurf
eines Gesetzes gegen die Trunksucht.
30. August. Ernennung des Grafen Udo Stolberg zum Ober-
Präsidenten von Ostpreußen.
Anfang September. Auf dem Danziger Katholikentage
gibt Graf Ballestrem eine offizielle Erklärung ab über die Stel-
lungnahme des deutschen Zentrums zu den dreibundfeindlichen Aus-
lassungen des „Osservatore Romano“:
„Wir werden uns immer und unter allen Verhältnissen als gehor-
same Söhne unserer heiligen katholischen Kirche und ihres erhabenen Ober-
hauptes bewähren müssen und uns in diesem Gehorsam und in dieser Ehr-
furcht durch nichts irre machen lassen — nun schon lange nicht durch alberne
Zeitungsartikel, welche ein römisches Blatt bringt. (Bravo.) Durch solche
Artikel lassen wir uns schon lange nicht in dem gebührenden Gehorsam
gegen den Hl. Vater irre machen! (Bravo.) Wenn ein Blatt die Kühnheit
hat, den Hl. Vater als in Konspirationen mit einigen fremden Mächten,
die Deutschland entgegen sind, als Feind Deutschlands darzustellen, so würden
wir über die Sache lachen, wenn wir nicht über die große Unverschämtheit