391
b) Verfuͤgung, betreffend die Aufuahme unbemittelter an Verkruͤmmungen des Koͤrpers leibender
Personen in die orthopaͤdische Heilanstalt zu Cannstadt.
Seine Königliche Majestät haben durch höchste Entschließung vom 25. Fe-
bruar d. J. zu genehmigen geruht, daß der Mierhzins, welcher aus dem der orthopädischen
Heilanstalt des Dr. Heine in Cannstadt eingerdumten Staatsgebaude vertragsmäßig
zu entrichten ist, zur Aufnahme und beziehungsweise zur Unterstützung von unbemittel-
ten Inländern Behufs ihrer Heilung in dieser Anstalt verwendet werde.
Zur Vollziehung dieser wohlthätigen Absicht werden in Gemäßheit weiterer Kö-
niglicher Entschließung vom 21. d. M. nachstehende Bestimmungen zur öffentlichen
Kenntniß gebracht:
1) Auf Kosten oder doch mit Unterstützung des Staats werden nur solche an
Verkrümmungen des Körpers leidende Personen aufgenommen, welche
) wenigstens das sechste Jahr zurückgelegt haben;
b) deren Gebrechen die Fähigkeit zur Arbeit, beziehungsweise zur Erlernung und
Ausübung eines Handwerbs in höherem oder geringerem Grade entziehen, und
c) welche die Heilungs= und Verpflegungskosten in der Anstalt, ohne die Unter-
stützung öffentlicher Kassen, nicht aufzubringen vermögen.
Personen, welche an örtlichen Uebeln der Glieder, wie Contrakturen der Gelenke,
sogenannten Pferdefüßen, Klumpfüßen, Verbiegungen der Knie-Gelenke und ähnlichen
Gebrechen leiden, werden vor jenen, welche an einer Verkrümmung des Halses leiden,
und diese vor jenen, welche mit Verkrümmungen des Rückgrats behaftet sind, auf-
genommen. Dabei wird übrigens auf das jugendlichere Alter und auf diejenige sonstige
persönliche Beschaffenheit eines Leidenden, vermöge deren bei ihm die Heilung früher
und sicherer, als bei andern, zu hoffen ist, Rücksicht genommen.
Personen jedoch, deren Heilung bei einer einfachen Behandlung nach den Regeln
der Kunst auch ausserhalb der orthopädischen Anstalt bewirkt werden kann, werden
nicht auf Kosten des Staates in die Anstalt aufgenommen.
2) Die Aufnahme in die Heilanstalt auf Kosten oder mit Unterstühung des
Staates ist bei der K. Regierung des Reckarkreises in einer Bittschrift nachzusuchen,
welche dem gemeinschaftlichen Bezirksamte des Heimatorts zum Beibericht zuzustel-
len ist.