Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1836. (13)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Okt. 14.—21.) 123 
Am letzten Tage wird nach kurzer Begründung durch Lieb- 
knecht das neue Programm angenommen. Es lautet: 
Die ökonomische Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft führt mit 
Naturnotwendigkeit zum Untergang des Kleinbetriebes, dessen Grundlage das 
Privateigentum des Arbeiters an seinen Produktionsmitteln bildet. Sie 
trennt den Arbeiter von seinen Produktionsmitteln und verwandelt ihn in 
einen besitzlosen Proletarier, indes die Produktionsmittel das Monopol einer 
verhältnismäßig kleinen Zahl von Kapitalisten und Großgrundbesitzern werden. 
Hand in Hand mit dieser Monopolisierung der Produktionsmittel 
geht die Verdrängung der zersplitterten Kleinbetriebe durch kolossale Groß- 
betriebe, geht die Entwicklung des Werkzeugs zur Maschine, geht ein riesen- 
haftes Wachstum der Produktivität der menschlichen Arbeit. Aber alle Vor- 
teile dieser Umwandlung werden von den Kapitalisten und Großgrundbesitzern 
monopolisiert. Für das Proletariat und die versinkenden Mittelschichten — 
Kleinbürger, Bauern — bedeutet sie wachsende Zunahme der Unsicherheit 
ihrer Existenz, des Elends, des Drucks, der Knechtung, der Erniedrigung, 
der Ausbeutung. 
Immer größer wird die Zahl der Proletarier, immer massenhafter 
die Armee der überschüssigen Arbeiter, immer schroffer der Gegensatz zwischen 
Ausbeutern und Ausgebeuteten, immer erbitterter der Klassenkampf zwischen 
Bourgeoisie und Proletariat, der die moderne Gesellschaft in zwei feindliche 
Heerlager trennt und das gemeinsame Merkmal aller Industrieländer ist. 
Der Abgrund zwischen Besitzenden und Besitzlosen wird noch erweitert 
durch die im Wesen der kapitalistischen Produktionsweise begründeten Krisen, 
die immer umfangreicher und verheerender werden, die allgemeine Unsicher- 
heit zum Normalzustand der Gesellschaft erheben und den Beweis liefern, 
daß die Produktivkräfte der heutigen Gesellschaft über den Kopf gewachsen 
sind, daß das Privateigentum an Produktionsmitteln unvereinbar geworden 
ist mit deren zweckentsprechender Anwendung und voller Entwicklung. 
Das Privateigentum an Produktionsmitteln, welches ehedem das 
Mittel war, dem Produzenten das Eigentum an seinem Produkt zu sichern, 
ist heute zum Mittel geworden, Bauern, Handwerker und Kleinhändler zu 
expropriieren und die Nichtarbeiter — Kapitalisten und Großgrundbesitzer 
in den Besitz des Produkts der Arbeiter zu setzen. Nur die Verwandlung 
des kapitalistischen Privateigentums an Produktionsmitteln — Grund und 
Boden, Gruben und Bergwerke, Rohstoffe, Werkzeuge, Maschinen, Verkehrs- 
mittel — in gesellschaftliches Eigentum und die Umwandlung der Waren- 
produktion in sozialistische, für und durch die Gesellschaft betriebene Pro- 
duktion kann es bewirken, daß der Großbetrieb und die stets wachsende Er- 
tragsfähigkeit der gesellschaftlichen Arbeit für die bisher ausgebeuteten Klassen 
aus einer Quelle des Elends und der Unterdrückung zu einer Quelle der 
höchsten Wohlfahrt und allseiliger harmonischer Vervollkommnung werde. 
Diese gesellschaftliche Umwandlung bedeutet die Befreiung nicht bloß 
des Proletariats, sondern des gesamten Menschengeschlechts, das unter den 
heutigen Zuständen leidet. Aber sie kann nur das Werk der Arbeiterklasse 
sein, weil alle anderen Klassen, trotz der Interessenstreitigkeiten unter sich, 
auf dem Boden des Privateigentums an Produktionsmitteln stehen und die 
Erhaltung der Grundlagen der heutigen Gesellschaft zum gemeinsamen Ziel 
haben. 
  
Der Kampf der Arbeiterklasse gegen die kapitalistische Ausbeutung 
ist notwendigerweise ein politischer Kampf. Die Arbeiterklasse kann ihre 
ökonomischen Kämpfe nicht führen und ihre ökonomische Organisation nicht 
entwickeln ohne politische Rechte. Sie kann den Uebergang der Produktions=
	        
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