280 Pags deulsche Reich und seine rinzeluen Glieder. (Nov. 11—13.)
als ob es sich nur um 5 Millionen handle. Wenn ein Eisenbahnnetz 60
Millionen gebracht hat, und es wird um die Höste größer, so müßte es
90 Millionen bringen: wenn es dann nur 55 Millionen bringt, so ist dieß
nicht ein Unterschied von 5, sondern von 35 Millionen nach Adam Riese.
(Heiterkeit.) Die Gorantie“ gegen derartige Schwankungen hlaubt man in
einem Gewinn-Reservefonds gefunden zu haben. Dann will man die obli-
gatorische Schuldentilgung einführen; dadurch verkhenern Sie den Staats-
credit und zwingen den Staat, Popiere in Jahren zurückzukaufen, während
er vielleicht neue Anleihen begeben muß. Man kann im Staate keinen be-
sonderen Eisenbahnstaat construiren. Alle Ihre Garantien beziehen sich nur
auf das Finanzielle und Wirkhschaftliche, von Garantien gegen den politi-
schen Mihß brauch ist noch gar nicht die Rede gewesen. Ich will zugeben,
daß die Directionen der Privatbahnen auf ihre Beamten bei Wah#en ein-
wirken lönnen, aber diese immerhin gefährlichen Einwirkungen sind doch nicht
mit denen zu verglei chen, die möglich werden, wenn ein großes einheitlich
geleitetes Staalsbahnwesen besteht. (Redner verweist darauf, daß andrer=
seits die sozialdemokratischen Wahlen in Breslau und im vierten Berliner
Wahlkreise zum Theil durch die in den Eisenbahnwerkstätten verbreiteten
sozialistischen Bewegungen Hrbeigesühn worden sind) Wenn der Reichs-
kangler von der wachsenden Unzufriedenheit der Subalternbeamten gesprochen,
so gilt dieß besonders von den Staatseisenbahn-Beamten. Nicht die Kreis-
ordnung oder die Kirchengesele haben zur Vermehrung der Beamten bei-
getragen, sondern die Ausdehnung des Staatsbahnnehes; während sich die
sämmtlichen Beamten um 8000 seit 1869 vermehrt haben, belrägt die Zu-
nahme der Eisenbahn= Beamten, die diätarischen ungerechnet, allein 10,000.
Wenn sämmtliche Bahnen in Staatsbetrieb übergehen, hat der Beamte über-
haupt nur einen Arbeitgeber, und sein ganzes Fortkommen im Eisenbahn-
wesen hängt troh alles gesetzlichen Schutzes von der Gnade und Ungnade des
Eisenbahnministers ab. Aber nicht bloß die Abhängigkeit der Beamten,
sondern hanzer Wahlkreise ist von der Ausdehnung des Staatsbahnnepes zu
befürchten; in einem Wahlaufrufe wird zur Wahl des Landrathes Areit .
dert, weil dieß der richtige Vorkämpfer für die Localbahn des Kreises sei.
Wie wollen Sie den Minister in dem Maße, wie Sie seine Macht aus-
dehnen, controliren: Ein Eisenbahn-Budget wie das künftige beherrscht die
gane Finanglage. Eine Regierung, die ein solches Eisenbahnnet verwaltet,
efindet sich stets im Besitze von Anleihe-Crediten, sie hat immer Geld und
kann unker Umständen davon Gebrauch machen, nach der Regel, das Geld
zu nehmen, wo man es findet, wie sie Hr. v. Manteusfel einmal ausstellte.
(Zuruf: Bismarck!) Ach richtig. Hr. v. Manteuffel war der, welcher heiden-
mäßig viel Geld hatte. (Gron- Heiterkeit.) Der Minister beruft sich auf
das Beispiel ander Kinl5h aber eine Krankheit wird doch dadurch nicht
besser, daß sie epidemisch auftritt. Der Minister hat seine Rede nicht un-
geschick mit dem Hinweis auf das Jubiläum der ersten Locomolive ge-
schlossen. Als die Locomotive von England zu uns kam, da sah die Bu-
reancratie sie überaus mißtrauisch an und der Generalpostdireckor Nagler be-
theiligte sich an der Eröffnung der Berlin-Potsdamer Bahn 1838 deßhalb
nicht, weil ihm das ganze Ding doch ein bißchen als Schwindel vorkäme und
es sich bald bestätigen würde, daß es damit brrhendt nichts sei. Die Con-
currenz, die Privatindustrie hat in Preußen, in Deutschland und in der
ganzen Welt die Eisenbahnen groß gemacht; die Staatsgeseyhgebung hat ver-
hältuißmäßig wenig dazu gethan, vielleicht sogar mehr Gelchadet als geuuht.
Die natürliche Entwicklung der Dinge wird auch die Eisenbahn= und Zoll-
politik nicht aufhalten können, aber Sie werden unserm capitalarmen Lande
schweren Schaden zufügen, und ich fürchte, daß der Tag kommen wird, wo