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VI. Bestimmungen über jugendliche Verbrecher.
Zu Art. 22.
35.
Zuständig zum Vollzug eines gerichtlichen Urtheils, anf Grund dessen ein Ange-
schuldigter in eine Erziehungs= oder Besserungsanstalt gebracht werden soll (§. 56 Abf. 2
des Strafgesetzbuchs), ist der verstärkte Ausschuß der Landarmenbehörde desjenigen Kreises,
innerhalb dessen das erkennende Gericht seinen Sitz hat.
Die Strafvollstreckungsbehörde (der Amtsrichter oder die Staatsanwaltschaft bei
dem Landgericht) hat den Vorsitzenden der Landarmenbehörde von einem solchen Urtheil
sofort in Kenntniß zu setzen und ihm gleichzeitig die Untersuchungsakten zur Einsicht-
nahme mitzutheilen.
S. 36.
Der verstärkte Ausschuß der Landarmenbehörde hat nach Empfang der Akten wegen
der Verbringung des Eingewiesenen in eine geeignete Anstalt sofort das Erforderliche
einzuleiten; die §§. 23 und 24 dieser Verfügung finden entsprechende Anwendung.
Dem Anstaltsvorstand ist, womöglich vor der Einlieferung, von dem bisherigen
Verhalten des Eingewiesenen, sowie von dem Inhalt der Untersuchungsakten geeignete
Kenntniß zu geben, um ihn zu zweckmäßiger Behandlung desselben in Stand zu setzen.
Die §§. 25 und 34 Abs. 2 dieser Verfügung sind entsprechend anzuwenden.
Der Ausschuß der Landarmenbehörde hat darüber zu wachen, daß die Entlassung
des Eingewiesenen nach der Vorschrift des Schlußsatzes des §. 56 Abs. 2 des Strafgesetz-
buchs erfolgt, insbesondere daß er nicht länger in der Anstalt verbleibt, als es nach dem
pflichtmäßigen Ermessen des Anstaltsvorstands erforderlich ist. Vor der Entlassung ist
rechtzeitig für geeignetes Unterkommen des Eingewiesenen Sorge zu tragen, wobei die
Mitwirkung des Anstaltsvorstands in Anspruch genommen werden kann.
Hinsichtlich des Kostenersatzes durch die Staatskasse findet §. 32 dieser Verfügung
entsprechende Anwendung.
Bezüglich der Uebergangsbestimmungen wird auf den Erlaß des Ministeriums des
Innern vom 2. Jannar 1900 Nr. 49 (Amtsbl. S. 3) II verwiesen.
S. 37.
Die Verfügung des Ministeriums des Innern vom 18. Jannar 1872, betreffend