120 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Okt. 13.—21.)
Wahl vom frühere Wahl
31. Okt. 1891
Zahl der abgegebenen Stimmen 97,250 66,130
Darunter sozialdemokratische 35,650 18,280
konservative 35,250 26,350
freisinnige fortschrittliche) 13,600 12,650
nationalliberale . 12,750 8,850
gewählt früher
Konservative 13 14
Sozialdemokraten 7 4
Nationalliberale 6 5
Freisinnige 4 7
Die Konservativen verloren zwei Kreise und gewannen einen. Die
Sozialdemokraten verloren keinen Kreis und gewannen drei. Die National-
liberalen gewannen zwei Kreise und verloren einen. Die Freisinnigen end-
lich gewannen keinen Kreis und verloren drei.
Die Kammer besteht danach aus 45 konservativen, 11 natio-
nalliberalen, 13 fortschrittlichen und 11 sozialdemokratischen Mit-
gliedern.
13. Oktober. Der 70jährige Geburtstag Rudolf Virchows
wird in Berlin feierlich begangen.
14. Oktober. (Karlsruhe.) Staatsminister a. D., Präsi-
dent der badischen Oberrechnungskammer Dr. Julius Jolly f.
14. Oktober. (München.) Im Finanzausschuß der Kammer
der Abgeordneten wird eine Vorlage im Betrage von 40 Mil-
lionen zur Herstellung von Doppelgleisen und Beschaffung von
Fahrmaterial genehmigt.
14.—21. Oktober. Sozialdemokratischer Parteitag in
Erfurt. Die Berliner Opposition (Wildberger, Baginsky), welche
die Parteileitung beschuldigt, kleinbürgerliche Tendenzen zu ver-
folgen, diktatorisch bei der Maifeier und den Stichwahlen verfahren
zu sein und die Partei der Versumpfung entgegenzuführen, wird
wegen Verleumdung aus der Partei ausgeschlossen.
Gegen Vollmar sprechen Bebel, Singer und Liebknecht. Bebel
infinuiert Vollmar, daß er als wohlhabender Mann die Not des
Arbeiters nicht empfinde und ihn deshalb zur Geduld ermahne.
Er beantragt zum Schluß folgende Resolution:
„In Erwägung, daß die Eroberung der politischen Macht nicht das
Werk eines Augenblickes sein kann, sondern nur durch zähe und ausdauernde
Arbeit errungen werden kann, erklärt der Parteitag: Es liegt kein Grund
vor, die bisherige Taktik der Partei zu ändern. Der Parteitag betrachtet
ßes vielmehr noch immer als Pflicht der Parteigenossen, mit allen ihnen zu
Gebote stehenden Kräften und Mitteln die Agitation für die Reichstags=
Landtags= und Gemeinderatswahlen zu betreiben, wo immer nur eine Aus-
sicht auf Erfolg, ohne Verletzung des Prinzips, sich bietet. Der Parteitag
verlangt von den Vertretern der Partei, daß sie fest und entschieden im