116 Oesterreich — deutsch-slavische Provinzen.
mächtigen Staate zum Gegenstand gerechten Stolzes und begeisterter Hin-
gebung machen für alle Stämme von Oesterreich. . . . Mit E. M. hoffen
und erwarten auch wir, daß die Frage der Vertretung der Königreiche
Ungarn, Croatien und Slavonien und des Großfürstenthums Sieben-
bürgen im Reichsrathe bald eine günstige Lösung finden werde. Die an-
gestammte Treue der edlen Brudervölker im Süden der Karpathen an ihren
Fürsten, unser mehrhundertjähriges Zusammenleben, die Erinnerung brüder-
licher Gemeinsamkeit von Leid und Freud in schlimmen und in guten Tagen,
die tausendfach verschlungenen Interessen, die vielerprobte Hochherzigkelt und
Opferwilligkeit aller der edlen Stämme im östlichen Theile des Reiches
geben uns die Zuversicht, daß sie, der Opfer eingedenk, die auch die Völker
im westlichen Theile des Reiches zu ihrer Befreiung von fremder Herrschaft
gebracht, bei dem von E. M. angedeuteten Verständnisse der wahren Sach-
lage, der Vortheile und der unverkennbaren Nothwendigkeit einer Gesammt-
vertretung auf der freiheitlichen Grundlage des Gesammtstaates, mit uns
zusammenwirken werden zum Fortbau eines großen einigen Oesterreichs.
Dem hochherzigen Beispiele Ew. Maj. folgend, legen auch wir das feierliche
Gelöbniß ab, daß wir im Sinne der im Diplom vom 20. Oktober aus-
gesprochenen und in den Grundgesetzen vom 26. Februar zur Durchführung
gelangten Ideen die Gesammtverfassung als das unantastbare Fun-
dament des Reichs anerkennen, jede Verletzung desselben als einen Angriff
auf den Bestand der Monarchie und auf die Rechte aller Länder und Völker
desselben betrachten und E. M. jederzeit in unerschütterlicher Treue zur
Seite stehen werden“.
16. Mai. Oesterreich erklärt am Bunde, „daß es in dem Antrage Preu-
ßens vom 2. d. M. der von ihm als ein „vermittelnder" bezeichnet
worden ist, durchaus keine seinen Ansichten entsprechende Lösung der
als Basis für die Revision der Bundeskriegsverfassung hingestellten
ersten Vorfrage erblicke“.
28.5. Note des österr. Botschafters in Paris an den französischen Mi-
nister des Auswärtigen; Oesterreich anerbietet sich im Verein mit
Spanien, Frankreich in der Beschützung des Papstes zu unter-
stützen:
„. . . Im Verein mit Spanien hat Oesterreich nach Mitteln gesucht, um
den kirchenschänderischen Uebergriffen Piemonts ein Ziel zu setzen und dem Ober-
haupt der Kirche, der den Kampf mit so heroischer Beharrlichkeit aushielt,
beizustehen. Beide Regierungen haben sich zu diesem Zwecke im letzten Herbst
an die Regierung des Kaisers der Franzosen gewandt. . . . Seither ist die
Lage nur schwieriger geworden. Worte, die ein piemontesischer Minister von
der Rednerbühne aus gesprochen, lassen keinen Zweifel mehr über die Pro-
jecte, welche die sardinische Regierung hegt und der Unterzeichnete ist mehr
als je von der dringenden Nothwendigkeit überzeugt. Gefahren zu begegnen,
die aufs neue den heil. Stuhl bedrohen. Die Stadt Rom, die Hauptstadt
der katholischen Welt, soll zur Hauptstadt des neuen Königreichs Italien
erklärt und der Sitz der Regierung des piemontesischen Königs werden. Durch
die Ausführung dieses unsinnigen Projectes würde nicht blos der Papst sei-
ner Unabhängigkeit und seiner Sonveränität beraubt, sondern die katholische
Welt sähe sich außer Besitz derjenigen Stadt gesetzt, die seit den ältesten
Zeiten der Sitz des obersten Chefs der Kirche ist. Es ist wahr, daß eine
solche Ungerechtigkeit nicht vollführt werden kann, solange die französische
Armee den Papst mit ihrem Schutze deckt und daß dergleichen Absichten vor
dem energischen Widerstande Frankreichs, dessen Ehre in der ganzen Vergan-
genheit diesfalls verpfändet ist und dessen Traditionen Bürgschaft leisten, daß
es den Platz einer andern Macht, deren Anwesenheit vom Papst weder ver-