$ 39. Die Gliederung des landesherrlichen Hauses. 355
a) Wenn eine Linie als solche apanagiert ist (siehe
S. 351), also da, wo das Prinzip der vererblichen Apanage
gilt. Die apanagıierte Linie bildet in Hinblick auf die Ver-
sorgungsansprüche ein abgeschlossenes Ganze. In Bayern
z. B. erhalten die nachgeborenen Söhne eines Königs eine
Apanage. Dieselbe vererbt in der männlichen Linie des zu-
erst apanagierten Nachgeborenen bis zu deren Erlöschen;
beim Abgange einzelner Zweige der Linie wächst der eröff-
nete Anteil der Apanage den übrigen Zweigen der Linie
gleichheitlich zu. Die Linie ist also vermögensrechtlich vom
übrigen Hause abgesondert und stellt insofern eine selbstän-
dige Hausabteilung dar. Dies kann äußerlich durch einen
besonderen Titel hervortreten. Dies ist z. B. im Hause Reufs
der Fall hinsichtlich der Besitzer des Paragiats Köstritz. Die
seit Einführung der Primogenitur den Nachgeborenen zu-
kommenden Versorgungsansprüche wurden früher zum Teil
nicht durch Gewährung jährlicher Rentenzahlungen (Apanagien),
sondern durch Überweisung gewisser Hausgüter zur Nutz-
nießung (Paragien) erfüllt. Die neueren Hausgesetze ver-
bieten die Unterhaltsgewährung durch Paragienverleihung. Es
bestehen ausnahmsweise noch alte; so das 1687 in Reuß er-
richtete Paragiat Köstritz. Die Paragiatgüter bleiben Eigen-
tum des regierenden Hauses und zwar Bestandteil des Haupt-
fideikommisses, bilden kein Sondervermögen der Paragiats-
linie, aber diese genießt wirtschaftliche Selbständigkeit. Im
Hause Reufs ist dieser Sachlage dadurch äußerer Aus-
druck verliehen, daß der jeweilige Inhaber des Paragiums den
Fürstentitel führt, während sonst den nichtregierenden Mit-
gliedern des Hauses Reuß lediglich das Prädikat Prinz zu-
kommt (vgl. dazu Schulze, Hausgesetze II S. 262 u. 359).
Durch reußisches Hausgesetz vom 12. Juli 1893 wurde dieses
Titelrecht des Köstritzer Paragiatherrn als ein nur ihm zu-
stehendes Vorrecht außer allen Zweifel gestellt.
ß) Wenn für eine Nebenlinie ein besonderes Fideikommiß
des Hauses besteht oder die Seitenlinie selbst Eigentümerin
eines besonderen Fideikommisses (eines Linienfideikommisses)
ist. Ein Beispiel des ersten Falles liefert für die Regel das
Sekundogeniturfideikommiß (siehe oben S. 327), ein Beispiel
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