Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1873. (7)

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§ 89 
Jede Disziplinarkammer besteht aus sieben Mitgliedern. Der Präsident 
und wenigstens drei andere Mitglieder müssen in richterlicher Stellung in einem 
Bundesstaate sein. 
Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Disziplinar- 
sachen erfolgt durch fünf Mitglieder. Der Vorsitzende und wenigstens zwei Bei- 
siter müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören. 
§ 90. 
Wenn auf den Antrag des Beamten der Staatsanwaltschaft oder des 
Angeschuldigten der Disziplinarhof das Vorhandensein von Gründen anerkennt, 
welche die Unbefangenheit der zuständigen Disziplinarkammer zweifelhaft machen, 
so tritt eine andere durch den Disziplinarhof ernannte Disziplinarkammer an 
deren Stelle. * 
.§ 91. 
Der Disziplinarhof besteht aus elf Mitgliedern, von denen wenigstens vier 
zu den Bevollmächtigten zum Bundesrathe, der Präsident und wenigstens fünf 
zu den Mitgliedern des Reichs-Oberhandelsgerichts gehören müssen. 
Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Disziplinar- 
sachen erfolgt durch sieben Mitglieder. Der Vorsitzende und wenigstens drei Bei- 
sitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören. 
.§ 92. 
Die Geschäftsordnung bei den Disziplinarbehörden, insbesondere die Be- 
fugnisse des Präsidenten und die Reihenfolge, in welcher die richterlichen Mit- 
glieder an den einzelnen Sitzungen theilzunehmen haben, wird durch ein Re- 
gulativ geordnet, welches der Disziplinarhof zu entwerfen und dem Bundesrath 
zur Bestätigung einzureichen hat.   · 
§93 
Die Mitglieder der Disziplinarkammern und des Disziplinarhofs werden für 
die Dauer der zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen bekleideten Reichs, oder 
Staatsämter vom Bundesrath gewählt, vom Kaiser ernannt, und für die Er- 
füllung der Obliegenheiten ihres Amts verpflichtet. 
§. 94. 
In der Voruntersuchung wird der Angeschuldigte unter Mittheilung der 
Anschuldigungspunkte vorgeladen und der Beamte der Staatsanwaltschaft zuge- 
zogen. Dieselben werden, wenn sie erscheinen, mit ihren Erklärungen und An- 
trägen gehört. Die Zeugen werden, nach Befinden eidlich, vernommen, und die 
sonstigen Beweise erhoben. Den Vernehmungen der Zeugen darf weder der 
Beamte der Staatsanwaltschaft noch der Angeschuldigte  beiwohnen. 
Die Verhaftung, vorläufige Festnahme oder Vorführung des Angeschul- 
digten ist unzuläsfig. 
Ueber lire Untersuchungshandlung ist durch einen vereideten Protokollführer 
ein Protokoll aufzunehmen. Den vernommenen Personen ist ihre Aussage un-
	        
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