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§. 139.
Wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Betrieb einer
Fabrik unterbrochen haben, so können Ausnahmen von den in §. 135 Abs. 2
bis 4 und in §. 136 vorgesehenen Beschränkungen auf die Dauer von vier
Wochen durch die höhere Verwaltungsbehörde, auf längere Zeit durch den Reichs-
kanzler nachgelassen werden. In dringenden Fällen solcher Art, sowie zur Ver-
hütung von Unglücksfällen kann die Ortspolizeibehörde, jedoch höchstens auf die
Dauer von vierzehn Tagen, solche Ausnahmen gestatten.
Wenn die Natur des Betriebes oder Rücksichten auf die Arbeiter in ein-
elnen Fabriken es erwünscht erscheinen lassen, daß die Arbeitszeit der jugendlichen
Arbeiter in einer anderen als der durch §. 136 vorgesehenen Weise geregelt wird,
so kann auf besonderen Antrag eine anderweite Regelung hinsichtlich der Pausen
durch die höhere Verwaltungsbehörde, im übrigen durch den Reichskanzler
erstattet werden. Jedoch dürfen in solchen Fällen die jugendlichen Arbeiter nicht
länger als sechs Stunden beschäftigt werden, wenn zwischen den Arbeitsstunden
nicht Pausen von zusammen mindestens einstündiger Dauer gewährt werden.
Die auf Grund vorstehender Bestimmungen zu treffenden Verfügungen
müssen schriftlich erlassen werden.
§. 139a.
Durch Beschluß des Bundesraths kann die Verwendung von jugendlichen
Arbeitern sowie von Arbeiterinnen für gewisse Fabrikationszweige, welche mit
besonderen Gefahren für Gesundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich
untersagt oder von besonderen Bedingungen abhängig gemacht werden. Ins-
besondere kann für gewisse Fabrikationszweige die Nachtarbeit der Arbeiterinnen
untersagt werden.
Durch Beschluß des Bundesraths können für Spinnereien, für Fabriken,
welche mit ununterbrochenem Feuer betrieben werden, oder welche sonst durch
die Art des Betriebes auf eine regelmäßige Tag- und Nachtarbeit angewiesen
sind, sowie für solche Fabriken, deren Betrieb eine Eintheilung in regelmäßige
Arbeitsschichten von gleicher Dauer nicht gestattet oder seiner Natur nach auf
bestimmte Jahreszeiten beschränkt ist, Ausnahmen von den in §. 135 Abs. 2 bis
4 und in §. 136 vorgesehenen Beschränkungen nachgelassen werden. Jedoch darf
in solchen Fällen die Arbeitszeit für Kinder die Dauer von sechsunddreißig
Stunden und für junge Leute die Dauer von sechszig, in Spinnereien von
sechsundsechszig Stunden wöchentlich nicht überschreiten.
Die durch Beschluß des Bundesraths getroffenen Bestimmungen sind dem
nächstfolgenden Reichstag vorzulegen. Sie sind außer Kraft zu setzen, wenn der
Reichstag dies verlangt.
§. 139 b.
Die Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen der §§. 135 bis
139a sowie des §. 120 Abs. 3 in seiner Anwendung auf Fabriken ist aus-
schließlich oder neben den ordentlichen Polizeibehörden besonderen von den Landes-
regierungen zu ernennenden Beamten zu übertragen. Denselben stehen bei Aus-
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