Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1895. (29)

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§. 107. 
Die Rangordnung der Forderungen, welche dieselbe Frachtfahrt betreffen 
oder als dieselbe Frachtfahrt betreffend anzusehen sind (§. 106), bestimmt sich 
durch die Nummernfolge, in welcher die Forderungen im §. 102 aufgeführt sind. 
Von den unter Nr. 1, 2, 4 und 5 bezeichneten Forderungen haben die 
unter derselben Nummer aufgeführten den gleichen Rang ohne Rücksicht auf die 
Zeit ihrer Entstehung. 
Von den unter Nr. 3 bezeichneten Forderungen geht die später entstandene 
der früher entstandenen vor; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt. 
Forderungen, welche aus Anlaß eines und desselben Nothfalles entstanden sind, 
gelten als gleichzeitig entstanden. 
§. 108. 
Die im §. 102 unter Nr. 6 bezeichneten Forderungen stehen allen übrigen 
Forderungen von Schiffsgläubigern, ohne Rücksicht auf die Zeit ihrer Ent- 
stehung, nach. 
§. 109. 
Das Pfandrecht des Schiffsgläubigers hat den Vorrang vor den sonstigen 
Pfandrechten an Schiff oder Fracht, für die im §. 102 unter Nr. 4 bis 6 auf- 
geführten Forderungen jedoch hinsichtlich des Schiffes nur insoweit, als jene 
Pfandrechte nicht früher entstanden sind. 
Soweit hiernach die sonstigen Pfandrechte an dem Schiffe der Forderung 
eines Schiffsgläubigers vorgehen, haben sie zugleich den Vorrang vor den dieser 
Forderung nachstehenden Forderungen anderer Schiffsgläubiger. 
Erleidet ein Schiffsgläubiger, welchem der Schiffseigner nur mit Schiff 
und Fracht haftet, dadurch einen Ausfall an seiner Forderung, daß seinem 
Pfandrecht an dem Schiffe das Pfandrecht eines Gläubigers vorgeht, der nicht 
Schiffsgläubiger ist, so wird der Schiffseigner in Höhe dieses Ausfalles persönlich 
verpflichtet. 
§. 110. 
Das Pfandrecht der Schiffsgläubiger an dem Schiffe erlischt durch den 
im Inlande im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgten Verkauf des Schiffes; 
an Stelle des letzteren tritt für die Schiffsgläubiger das Kaufgeld. 
Das Gleiche gilt von sonstigen Pfandrechten, welche durch Willenserklärung 
oder Gesetz erworben sind. 
§. 111. 
Für den Fall der freiwilligen Veräußerung eines Schiffes finden in Er- 
mangelung landesgesetzlicher Bestimmungen, nach welchen die Pfandrechte der 
Schiffsgläubiger bei erfolgloser öffentlicher Aufforderung zur Anmeldung erlöschen, 
die nachstehenden Vorschriften Anwendung: 
Der Erwerber des Schiffes ist berechtigt, das Aufgebot der Schiffsgläubiger 
(Zivilprozeßordnung §§. 824 bis 836) bei dem Gerichte, in dessen Bezirk sich der 
Heimathsort des Schiffes befindet, zu beantragen.
	        
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