Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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§. 1301. 
Unterbleibt die Eheschließung, so kann jeder Verlobte von dem anderen die 
Herausgabe desjenigen, was er ihm geschenkt oder zum Zeichen des Verlöbnisses ge- 
geben hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be- 
reicherung fordern. Im Zweifel ist anzunehmen, daß die Rückforderung ausgeschlossen 
sein soll, wenn das Verlöbniß durch den Tod eines der Verlobten aufgelöst wird. 
§. 1302. 
Die in den 8§. 1298 bis 1301 bestimmten Ansprüche verjähren in zwei 
Jahren von der Auflösung des Verlöbnisses an. 
Zweiter Titel. 
Eingehung der Ehe. 
§. 1303. 
Ein Mann darf nicht vor dem Eintritte der Volljährigkeit, eine Frau darf 
nicht vor der Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs eine Ehe eingehen. 
Einer Frau kann Befreiung von dieser Vorschrift bewilligt werden. 
§. 1304. 
Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Eingehung einer Ehe 
der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. 
Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann die Einwilligung, wenn sie 
von ihm verweigert wird, auf Antrag des Mündels durch das Vormundschaftsgericht 
ersetzt werden. Das Vormundschaftsgericht hat die Einwilligung zu ersetzen, wenn 
die Eingehung der Ehe im Interesse des Mündels liegt. 
§. 1305. 
Ein eheliches Kind bedarf bis zur Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs 
zur Eingehung einer Ehe der Einwilligung des Vaters, ein uneheliches Kind bedarf 
bis zum gleichen Lebensalter der Einwilligung der Mutter. An die Stelle des Vaters 
tritt die Mutter, wenn der Vater gestorben ist oder wenn ihm die sich aus der 
Vaterschaft ergebenden Rechte nach §. 1701 nicht zustehen. Ein für ehelich er- 
klärtes Kind bedarf der Einwilligung der Mutter auch dann nicht, wenn der Vater 
gestorben ist. 
Dem Tode des Vaters oder der Mutter steht es gleich, wenn sie zur Abgabe 
einer Erklärung dauernd außer Stande sind oder wenn ihr Aufenthalt dauernd 
unbekannt ist. 
§. 1306. 
Einem an Kindesstatt angenommenen Kinde gegenüber steht die Einwilligung 
zur Eingehung einer Ehe an Stelle der leiblichen Eltern demjenigen zu, welcher das 
Kind angenommen hat. Hat ein Ehepaar das Kind gemeinschaftlich oder hat ein
	        
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