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§. 1567.
Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich
verlassen hat.
Bösliche Verlassung liegt nur vor:
1. wenn ein Ehegatte, nachdem er zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft
rechtskräftig verurtheilt worden ist, ein Jahr lang gegen den Willen des
anderen Ehegatten in böslicher Absicht dem Urtheile nicht Folge geleistet hat;
2. wenn ein Ehegatte sich ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehe-
gatten in böslicher Absicht von der häuslichen Gemeinschaft fern gehalten
hat und die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung seit Jahresfrist
gegen ihn bestanden haben.
Die Scheidung ist im Falle des Abs. 2 Nr. 2 unzulässig, wenn die Voraus-
setzungen für die öffentliche Zustellung am Schlusse der mündlichen Verhandlung, auf
die das Urtheil ergeht, nicht mehr bestehen.
§. 1568.
Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch
schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder
unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet
hat, daß dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann.
Als schwere Verletzung der Pflichten gilt auch grobe Mißhandlung.
§. 1569.
Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in Geistes-
krankheit verfallen ist, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre ge-
dauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen
den Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstellung dieser Gemein-
schaft ausgeschlossen ist.
§. 1570.
Das Recht auf Scheidung erlischt in den Fällen der §§. 1565 bis 1568
durch Verzeihung.
g. 1571.
Die Scheidungsklage muß in den Fällen der §§. 1565 bis 1568 binnen
sechs Monaten von dem Zeitpunkt an erhoben werden, in dem der Ehegatte von
dem Scheidungsgrunde Kenntniß erlangt. Die Klage ist ausgeschlossen, wenn seit
dem Eintritte des Scheidungsgrundes zehn Jahre verstrichen sind.
Die Frist läuft nicht, solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten auf-
gehoben ist. Wird der zur Klage berechtigte Ehegatte von dem anderen Ehegatten
aufgefordert, entweder die häusliche Gemeinschaft herzustellen oder die Klage zu erheben,
so läuft die Frist von dem Empfange der Aufforderung an.
Der Erhebung der Klage steht die Ladung zum Sühnetermine gleich. Die
Ladung verliert ihre Wirkung, wenn der zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühne-