Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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§. 1603. 
Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Ver- 
pflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unterhalts 
den Unterhalt zu gewähren. 
Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen 
unverheiratheten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und 
der Kinder Unterhalte gleichmäßig zu verwenden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, 
wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch 
nicht ein gegenüber einem Kinde, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens 
bestritten werden kann. 
§. 1604. 
Soweit die Unterhaltspflicht einer Frau ihren Verwandten gegenüber davon 
abhängt, daß sie zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, kommt die dem 
Manne an dem eingebrachten Gute zustehende Verwaltung und Nutznießung nicht in 
Betracht. 
Besteht allgemeine Gütergemeinschaft, Errungenschaftsgemeinschaft oder Fahrniß- 
gemeinschaft, so bestimmt sich die Unterhaltspflicht des Mannes oder der Frau Ver- 
wandten gegenüber so, wie wenn das Gesammtgut dem unterhaltspflichtigen Ehegatten 
gehörte. Sind bedürftige Verwandte beider Ehegatten vorhanden, so ist der Unterhalt 
aus dem Gesammtgute so zu gewähren, wie wenn die Bedürftigen zu beiden Ehegatten 
in dem Verwandtschaftsverhältnisse ständen, auf dem die Unterhaltspflicht des ver- 
pflichteten Ehegatten beruht. 
§. 1605. 
Soweit die Unterhaltspflicht eines minderjährigen Kindes seinen Verwandten 
gegenüber davon abhängt, daß es zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, 
kommt die elterliche Nutznießung an dem Vermögen des Kindes nicht in Betracht. 
§. 1606. 
Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhalts- 
pflichtig. Die Unterhaltspflicht der Abkömmlinge bestimmt sich nach der gesetzlichen 
Erbfolgeordnung und dem Verhältnisse der Erbtheile. 
Unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den 
entfernteren, mehrere gleich nahe zu gleichen Theilen Der Vater haftet jedoch vor 
der Mutter; steht die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes der Mutter zu, 
so haftet die Mutter vor dem Vater. 
§. 1607 
Soweit ein Verwandter auf Grund des §. 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, 
hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren. 
Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im 
Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen 
Verwandten geht, soweit ein anderer Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen
	        
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