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Die Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen
hat der Erbe so zu berichtigen, wie sie im Falle des Konkurses zur Berichtigung
kommen würden.
§. 1992.
Beruht die Ueberschuldung des Nachlasses auf Vermächtnissen und Auflagen,
so ist der Erbe, auch wenn die Voraussetzungen des §. 1990 nicht vorliegen, be-
rechtigt, die Berichtigung dieser Verbindlichkeiten nach den Vorschriften der §§. 1990,
1991 zu bewirken. Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände
durch Zahlung des Werthes abwenden.
IV. Inventarerrichtung. Unbeschränkte Haftung des Erben.
§. 1993.
Der Erbe ist berechtigt, ein Verzeichniß des Nachlasses (Inventar) bei dem
Nachlaßgericht einzureichen (Inventarerrichtung).
§. 1994.
Das Nachlaßgericht hat dem Erben auf Antrag eines Nachlaßgläubigers zur
Errichtung des Inventars eine Frist (Inventarfrist) zu bestimmen. Nach dem Ablaufe
der Frist haftet der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt, wenn nicht vorher
das Inventar errichtet wird.
Der Antragsteller hat seine Forderung glaubhaft zu machen. Auf die Wirk-
samkeit der Fristbestimmung ist es ohne Einfluß, wenn die Forderung nicht besteht.
§. 1995.
Die Inventarfrist soll mindestens einen Monat, höchstens drei Monate betragen.
Sie beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, durch den die Frist bestimmt wird.
Wird die Frist vor der Annahme der Erbschaft bestimmt, so beginnt sie erst
mit der Annahme der Erbschaft.
Auf Antrag des Erben kann das Nachlaßgericht die Frist nach seinem Ermessen
verlängern.
§. 1996.
Ist der Erbe durch höhere Gewalt verhindert worden, das Inventar rechtzeitig
zu errichten oder die nach den Umständen gerechtfertigte Verlängerung der Inventar-
frist zu beantragen, so hat ihm auf seinen Antrag das Nachlaßgericht eine neue In-
ventarfrist zu bestimmen. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe von der Zustellung des
Beschlusses, durch den die Inventarfrist bestimmt worden ist, ohne sein Verschulden
Kenntniß nicht erlangt hat.
Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses
und spätestens vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Ende der zuerst bestimmten
Frist gestellt werden.
Vor der Entscheidung soll der Nachlaßgläubiger, auf dessen Antrag die erste
Frist bestimmt worden ist, wenn thunlich gehört werden.