— 588 —
§. 2306.
Ist ein als Erbe berufener Pflichttheilsberechtigter durch die Einsetzung eines
Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Theilungsanordnung
beschränkt oder ist er mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert, so gilt
die Beschränkung oder die Beschwerung als nicht angeordnet, wenn der ihm hinter-
lassene Erbtheil die Hälfte des gesetzlichen Erbtheils nicht übersteigt. Ist der hinter-
lassene Erbtheil größer, so kann der Pflichttheilsberechtigte den Pflichttheil verlangen,
wenn er den Erbtheil ausschlägt; die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der
Pllichttheilsberechtigte von der Beschränkung oder der Beschwerung Kenntniß erlangt.
Einer Beschränkung der Erbeinsetzung steht es gleich, wenn der Pflichttheils-
berechtigte als Nacherbe eingesetzt ist.
§. 2307.
Ist ein Pflichttheilsberechtigter mit einem Vermächtnisse bedacht, so kann er
den Pflichttheil verlangen, wenn er das Vermächtniß ausschlägt. Schlägt er nicht
aus, so steht ihm ein Recht auf den Pflichttheil nicht zu, soweit der Werth des
Vermächtnisses reicht; bei der Berechnung des Werthes bleiben Beschränkungen und
Beschwerungen der im §. 2306 bezeichneten Art außer Betracht.
Der mit dem Vermächtnisse beschwerte Erbe kann den Pflichttheilsberechtigten
unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme des
Vermächtnisses auffordern. Mit dem Ablaufe der Frist gilt das Vermächtniß als
ausgeschlagen, wenn nicht vorher die Annahme erklärt wird.
§. 2308.
Hat ein Pflichttheilsberechtigter, der als Erbe oder als Vermächtnißnehmer in
der im §. 2306 bezeichneten Art beschränkt oder beschwert ist, die Erbschaft oder
das Vermächtniß ausgeschlagen, so kann er die Ausschlagung anfechten, wenn die
Beschränkung oder die Beschwerung zur Zeit der Ausschlagung weggefallen und der
Wegfall ihm nicht bekannt war.
Auf die Anfechtung der Ausschlagung eines Vermächtnisses finden die für die
Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften entsrechende An-
wendung. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.
§. 2309.
Entferntere Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers sind insoweit nicht
pflichttheilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge
ausschließen würde, den Pflichttheil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene
annimmt.
§. 2310.
Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichttheils maßgebenden Erb-
theils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der Erb-
folge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig