Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, 
wird nicht mitgezählt. 
§. 2311. 
Der Berechnung des Pflichttheils wird der Bestand und der Werth des Nach- 
lasses zur Zeit des Erbfalls zu Grunde gelegt. Bei der Berechnung des Pflichttheils 
der Eltern des Erblassers bleibt der dem überlebenden Ehegatten gebührende Voraus 
außer Ansatz. 
Der Werth ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Eine vom 
Erblasser getroffene Werthbestimmung ist nicht maßgebend. 
§. 2312. 
Hat der Erblasser angeordnet oder ist nach §. 2049 anzunehmen, daß einer 
von mehreren Erben das Recht haben soll, ein zum Nachlasse gehörendes Landgut 
zu dem Ertragswerthe zu übernehmen, so ist, wenn von dem Rechte Gebrauch 
gemacht wird, der Ertragswerth auch für die Berechnung des Pflichttheils maßgebend. 
Hat der Erblasser einen anderen Uebernahmepreis bestimmt, so ist dieser maßgebend, 
wenn er den Ertragswerth erreicht und den Schätzungswerth nicht übersteigt. 
Hinterläßt der Erblasser nur einen Erben, so kann er anordnen, daß der 
Berechnung des Pflichttheils der Ertragswerth oder ein nach Abs. 1 Satz 2 be- 
stimmter Werth zu Grunde gelegt werden soll. 
Diese Vorschriften finden nur Anwendung, wenn der Erbe, der das Landgut 
erwirbt, zu den im §. 2303 bezeichneten pflichttheilsberechtigten Personen gehört. 
§. 2313. 
Bei der Feststellung des Werthes des Nachlasses bleiben Rechte und Verbind- 
lichkeiten, die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind, außer Ansatz. 
Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer auflösenden Bedingung abhängig sind, 
kommen als unbedingte in Ansatz. Tritt die Bedingung ein, so hat die der ver- 
änderten Rechtslage entsprechende Ausgleichung zu erfolgen. 
Für ungewisse oder unsichere Rechte sowie für zweifelhafte Verbindlichkeiten 
gilt das Gleiche wie für Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer aufschiebenden 
Bedingung abhängig sind. Der Erbe ist dem Pflichttheilsberechtigten gegenüber ver- 
pflichtet, für die Feststellung eines ungewissen und für die Verfolgung eines unsicheren 
Rechtes zu sorgen, soweit es einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht. 
§. 2314. 
Ist der Pflichttheilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen 
über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen. Der Pflichttheilsberechtigte 
kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des ihm nach §. 260 vorzulegenden Ver- 
zeichnisses der Nachlaßgegenstände zugezogen und daß der Werth der Nachlaßgegen- 
stände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, daß das Verzeichniß durch die zu- 
ständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird. 
Die Kosten fallen dem Nachlasse zur Last. 
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