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oder Merkmale, deren Vorhandensein nach der besonderen Beschaffenheit des
Falles vermuthet werden konnte, gefehlt haben.
Findet die Einnahme eines Augenscheins unter Zuziehung von Sachver—
ständigen statt, so kann der Beschuldigte beantragen, daß die von ihm für die
Hauptverhandlung in Vorschlag zu bringenden Sachverständigen zu dem Termine
geladen werden und, wenn der Antrag abgelehnt wird, sofern dieselben nicht zu
den Personen des aktiven Heeres und der aktiven Marine gehören, deren Zu-
ziehung auf seine Kosten verlangen. In letzterem Falle wird die Gestellung oder
Ladung durch den Untersuchungsführer veranlaßt, sobald der erforderliche Betrag
der gesetzlichen Entschädigung für Reisekosten und Versäumniß bei der Militär-
gerichtsschreiberei hinterlegt wird.
Den vom Beschuldigten benannten Sachverständigen ist die Theilnahme am
Augenschein und an den erforderlichen Untersuchungen insoweit zu gestatten, als
dadurch die Thätigkeit der amtlich bestellten Sachverständigen nicht behindert wird.
Die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 finden im Felde und an Bord
keine Anwendung.
§. 223.
Ist der Tod einer Militärperson nicht auf natürlichem Wege erfolgt, so
hat der Gerichtsherr, in dringenden Fällen jeder militärische Befehlshaber, welcher
die Anzeige oder Meldung von dem Todesfall erhält, die Leichenschau durch
einen Kriegsgerichtsrath oder in Ermangelung eines solchen durch den zunächst
erreichbaren Amtsrichter zu veranlassen.
Ist nach den bekannt gewordenen Thatsachen die Annahme begründet, daß
der Tod durch Selbstmord, durch einen Unfall oder sonst ohne Verschulden
eines Anderen herbeigeführt ist, so bedarf es der Zuziehung eines Arztes zur
Leichenschau nicht.
Die Umstände, unter denen die Leiche gefunden und der Tod erfolgt ist,
sind sorgfältig zu untersuchen und zu Protokoll zu verzeichnen. In allen Fällen
des Selbstmordes sind die Beweggründe thunlichst aufzuklären.
§. 224.
Ergiebt sich der Verdacht, daß der Tod durch die strafbare Handlung
eines Anderen herbeigeführt sei, so ist zur Leichenschau ein Militärarzt oder,
wenn ein solcher nicht erreichbar, ein als Sachverständiger zu beeidigender anderer
Arzt zuzuziehen.
Erscheint der Verdacht nach der Leichenschau in Verbindung mit den sonst
ermittelten Thatsachen nicht als beseitigt, so ist die Leichenöffnung im Beisein
des Kriegsgerichtsraths oder Amtsrichters und des Gerichtsschreibers von zwei
Aerzten, und zwar thunlichst Militärärzten, vorzunehmen. In allen Fällen soll
einer der Aerzte ein Militärarzt mindestens vom Range eines Stabsarztes oder
ein Gerichtsarzt sein. Demjenigen Arzte, welcher den Verstorbenen in der dem
Tode unmittelbar vorausgegangenen Krankheit behandelt hat, ist die Leichen-
Reichs= Gesetzbl. 1898. 190