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§. 287.
Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei, und wie hoch
sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das
Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Ueberzeugung. Ob und inwie-
weit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amtswegen die Begutachtung durch
Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das
Gericht kann anordnen, daß der Beweisführer den Schaden oder das Interesse eidlich
schätze. In diesem Falle hat das Gericht zugleich den Betrag zu bestimmen, welchen
die eidliche Schätzung nicht übersteigen darf.
Die Vorschriften über den Schätzungseid werden aufgehoben.
§. 288.
Die von einer Partei behaupteten Thatsachen bedürfen insoweit keines Beweises,
als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung
oder zum Protokolle eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.
Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht
erforderlich.
§. 289.
Die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses wird dadurch nicht beeinträchtigt,
daß demselben eine Behauptung hinzugefügt wird, welche ein selbständiges Angriffs—
oder Vertheidigungsmittel enthält.
Inwiefern eine vor Gericht erfolgte einräumende Erklärung ungeachtet anderer
zusätzlicher oder einschränkender Behauptungen als ein Geständniß anzusehen sei,
bestimmt sich nach der Beschaffenheit des einzelnen Falles.
§. 290.
Der Widerruf hat auf die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses nur dann
Einfluß, wenn die widerrufende Partei beweist, daß das Geständniß der Wahrheit
nicht entspreche und durch einen Irrthum veranlaßt sei. In diesem Falle verliert
das Geständniß seine Wirksamkeit.
§. 291.
Thatsachen, welche bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.
§. 292.
Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Thatsache eine Vermuthung
auf, so ist der Beweis des Gegentheils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein Anderes
vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch Eideszuschiebung nach Maßgabe der
§§. 445 ff. geführt werden.
§. 293.
Das in einem anderen Staate geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und
Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind.