Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1898. (32)

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aller Streitgenossen. Ueber die Annahme des Eides haben sich nur diejenigen Streit— 
genossen zu erklären, welchen der Eid zugeschoben ist. 
Ist der von allen oder von einigen Streitgenossen zu leistende Eid von einem 
oder mehreren derselben, oder ist der von einem Theile der Streitgenossen zu leistende 
Eid von allen Schwurpflichtigen verweigert oder als von ihnen verweigert anzusehen, 
so entscheidet das Gericht nach freier Ueberzeugung, ob die Behauptung, deren 
Beweis durch Eideszuschiebung angetreten ist, für wahr zu erachten sei. Erklären 
einzelne Streitgenossen, daß sie den Eid nicht leisten werden, so ist in Ansehung der 
übrigen Streitgenossen die Leistung des Eides nicht anzuordnen oder der Eid nicht 
abzunehmen, sofern das Gericht denselben für unerheblich erachtet. 
§. 473. 
Ist eine Partei nicht prozeßfähig, so ist die Zuschiebung oder Zurückschiebung 
des Eides nur an ihren gesetzlichen Vertreter und nur insoweit zulässig, als die 
vertretene Partei, wenn sie den Prozeß in Person führte, oder der Vertreter, wenn 
er selbst Partei wäre, dieselbe zulassen müßte. 
Minderjährigen, welche das sechzehnte Lebensjahr vollendet haben, sowie 
Volljährigen, welche wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt 
sind, kann über Thatsachen, die in Handlungen derselben bestehen oder Gegenstand 
ihrer Wahrnehmung gewesen sind, der Eid zugeschoben oder zurückgeschoben werden, 
sofern dies von dem Gericht auf Antrag des Gegners nach den Umständen des Falles 
für zulässig erklärt wird. Das Gleiche gilt von einer prozeßfähigen Partei, die in 
dem Rechtsstreite durch einen Pfleger vertreten wird. 
Auf Volljährige, welche unter vorläufige Vormundschaft gestellt sind, finden 
in Betreff der Zuschiebung oder Zurückschiebung des Eides diejenigen Vorschriften 
Anwendung, welche nach Abs. 1, 2 bei eingetretener Entmündigung gelten. 
§. 474. 
Sind mehrere gesetzliche Vertreter vorhanden, so finden die Vorschriften des 
§. 472 entsprechende Anwendung. Betrifft der Eid die eigenen Handlungen oder 
Wahrnehmungen nur einiger oder eines der Vertreter, so ist er von den übrigen 
nicht zu leisten. 
§. 475. 
Ist das Ergebniß der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme 
nicht ausreichend, um die Ueberzeugung des Gerichts von der Wahrheit oder Unwahrheit 
der zu erweisenden Thatsache zu begründen, so kann das Gericht der einen oder der 
anderen Partei über eine streitige Thatsache einen Eid auferlegen. 
§. 476. 
Der richterliche Eid kann allen Streitgenossen oder gesetzlichen Vertretern, er 
kann einigen oder einem derselben auferlegt werden.
	        
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