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g. 17.
Beweisaufnahme.
Das Gericht hat den zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen
Beweis in vollem Umfange zu erheben, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Beweis
von den Parteien angetreten worden ist oder nicht.
Der Vorsitzende ist befugt, zur mündlichen Verhandlung auch ohne voraus-
gehenden Beschluß des Schiedsgerichts Zeugen und Sachverständige vorzuladen
sowie das persönliche Erscheinen eines Betheiligten anzuordnen (I. 11 Abs. 3
dieser Verordnung, F. 9 Abs. 5 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der
Unfallversicherungsgesetze).
Die Beweiserhebung erfolgt in der Regel in der mündlichen Verhandlung.
Das Schiedsgericht ist jedoch befugt, den Beweis durch ein Mitglied oder gemäß
V. 172 des Invalidenversicherungsgesetzes, §. 144 des Gewerbe-Unfallversicherungs-
gesetzes, S. 154 des Unfallversicherungsgesetzes für Land= und Forstwirthschaft,
I. 45 Abs. 2 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes, 9. 141 des See-Unfall-
versicherungsgesetzes durch eine öffentliche Behörde erheben zu lassen. Geeigneten-
falls steht die Befugniß der Beweiserbebung auch dem Vorsitzenden schon vor
Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu.
Die Beweisverhandlungen sind unter Zuziehung eines vereidigten oder
durch Handschlag zu verpflichtenden Protokollführers aufzunehmen) die Betheiligten
sind zu benachrichtigen.
Wl
Hinsichtlich der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sachverständiger ver-
nehmen zu lassen und die Aussagen eidlich zu erhärten, finden die Bestimmungen
der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Insbesondere ist das Schieds-
gericht befugt, gegen Zeugen und Sachverständige welche sich nicht oder nicht
rechtzeitig zu den Sitzungen einfinden, oder ihre Aussage oder die Eidesleistung
ohne Angabe eines Grundes oder, nachdem der vorgeschützte Grund rechtskräftig
für unerheblich erklärt ist, verweigern, eine Geldstrafe bis zu dreihundert Mark
festzusetzen. Kommt die Verhängung oder Vollstreckung von Zwangsmaßregeln
in Frage, so ist um diese das Amtsgericht zu ersuchen, in dessen Bezirke die
Zeugen oder Sachverständigen ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen
ihren Aufenthalt haben. Auf Militärpersonen, welche dem aktiven Heere oder
der aktiven Marine angehören, finden die Vorschriften des I. 380 Abs. 4, F. 390
Abs. 4, §. 409 Abs. 3 der Civilprozeßordnung Anwendung.
Gegen die Beschlüsse des Schiedsgerichts findet binnen einer Frist von zwei
Wochen nach deren Zustellung die Beschwerde an das Reichs-Versicherungsamt
statt, in Streitsachen aus der Unfallversicherung tritt an dessen Stelle das
Landes-Versicherungsamt, sofern die Entscheidung auf einen Rekurs diesem zu-
steht; die Beschwerde ist schriftlich beim Schiedsgericht einzulegen.
Erfolgt nachträglich eine gemigende Entschuldigung für das Verhalten des
Zeugen oder Sachverständigen, so sind die getroffenen Anordnungen wieder auf-
zuheben.
Reichs-Gesehbl. 1900. 167