Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1900. (34)

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g. 17. 
Beweisaufnahme. 
Das Gericht hat den zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen 
Beweis in vollem Umfange zu erheben, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Beweis 
von den Parteien angetreten worden ist oder nicht. 
Der Vorsitzende ist befugt, zur mündlichen Verhandlung auch ohne voraus- 
gehenden Beschluß des Schiedsgerichts Zeugen und Sachverständige vorzuladen 
sowie das persönliche Erscheinen eines Betheiligten anzuordnen (I. 11 Abs. 3 
dieser Verordnung, F. 9 Abs. 5 des Gesetzes, betreffend die Abänderung der 
Unfallversicherungsgesetze). 
Die Beweiserhebung erfolgt in der Regel in der mündlichen Verhandlung. 
Das Schiedsgericht ist jedoch befugt, den Beweis durch ein Mitglied oder gemäß 
V. 172 des Invalidenversicherungsgesetzes, §. 144 des Gewerbe-Unfallversicherungs- 
gesetzes, S. 154 des Unfallversicherungsgesetzes für Land= und Forstwirthschaft, 
I. 45 Abs. 2 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes, 9. 141 des See-Unfall- 
versicherungsgesetzes durch eine öffentliche Behörde erheben zu lassen. Geeigneten- 
falls steht die Befugniß der Beweiserbebung auch dem Vorsitzenden schon vor 
Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu. 
Die Beweisverhandlungen sind unter Zuziehung eines vereidigten oder 
durch Handschlag zu verpflichtenden Protokollführers aufzunehmen) die Betheiligten 
sind zu benachrichtigen. 
Wl 
Hinsichtlich der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sachverständiger ver- 
nehmen zu lassen und die Aussagen eidlich zu erhärten, finden die Bestimmungen 
der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Insbesondere ist das Schieds- 
gericht befugt, gegen Zeugen und Sachverständige welche sich nicht oder nicht 
rechtzeitig zu den Sitzungen einfinden, oder ihre Aussage oder die Eidesleistung 
ohne Angabe eines Grundes oder, nachdem der vorgeschützte Grund rechtskräftig 
für unerheblich erklärt ist, verweigern, eine Geldstrafe bis zu dreihundert Mark 
festzusetzen. Kommt die Verhängung oder Vollstreckung von Zwangsmaßregeln 
in Frage, so ist um diese das Amtsgericht zu ersuchen, in dessen Bezirke die 
Zeugen oder Sachverständigen ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen 
ihren Aufenthalt haben. Auf Militärpersonen, welche dem aktiven Heere oder 
der aktiven Marine angehören, finden die Vorschriften des I. 380 Abs. 4, F. 390 
Abs. 4, §. 409 Abs. 3 der Civilprozeßordnung Anwendung. 
Gegen die Beschlüsse des Schiedsgerichts findet binnen einer Frist von zwei 
Wochen nach deren Zustellung die Beschwerde an das Reichs-Versicherungsamt 
statt, in Streitsachen aus der Unfallversicherung tritt an dessen Stelle das 
Landes-Versicherungsamt, sofern die Entscheidung auf einen Rekurs diesem zu- 
steht; die Beschwerde ist schriftlich beim Schiedsgericht einzulegen. 
Erfolgt nachträglich eine gemigende Entschuldigung für das Verhalten des 
Zeugen oder Sachverständigen, so sind die getroffenen Anordnungen wieder auf- 
zuheben. 
Reichs-Gesehbl. 1900. 167
	        
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