Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1900. (34)

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Verkaufsstellen von Lebensmitteln in Häusern, in denen ein Pest— 
fall vorgekommen ist, sind zu schließen, sofern nach dem Gutachten 
des beamteten Arztes die Fortsetzung des Betriebs als gefährlich zu 
betrachten ist. 
Die Polizeibehörden der von Pest ergriffenen Orte haben dafür 
zu sorgen, daß Gegenstände, von denen anzunehmen ist, daß sie mit 
dem Krankheitsstoffe der Pest behaftet sind, vor wirksamer Desinfektion 
nicht in den Verkehr gelangen. 
Insbesondere ist für Orte oder Bezirke, in denen die Pest sich 
weiter verbreitet, die Ausfuhr von gebrauchter Leibwäsche, gebrauchtem 
Bettzeug, alten und getragenen Kleidungsstücken sowie von Hadern 
und Lumpen aller Art zu verbieten. Ausgenommen sind neue Abfälle, 
welche unmittelbar aus Spinnereien, Webereien, Konfektions= und 
Bleichanstalten kommen, Kunstwolle, neue Papierschnitzel sowie un- 
verdächtiges Reisegepäck. 
Einfuhrverbote gegen inländische Pestorte sind nicht zulässig. 
Das Verbot der Einfuhr bestimmter Waaren und anderer Gegen- 
stände aus dem Auslande richtet sich nach den gemäß F. 25 des Gesetzes 
in Vollzug gesetzten Bestimmungen (vergl. Bekanntmachung vom 
4. Juli 1900, Reichs-Gesetzbl. S. 555). 
Für gebrauchtes Bettzeug, Leibwäsche und getragene Kleidungs- 
stücke, welche aus einem Pestorte stammen und seit Verlassen desselben 
noch nicht wirksam desinfizirt worden sind, kann eine Desinfektion 
angeordnet werden. Im Uebrigen ist eine Desinfektion von Gegen- 
ständen des Güter= und Reiseverkehrs einschließlich der von Reisenden 
getragenen Wäsche= und Kleidungsstücke nur dann geboten und zu- 
lässig, wenn die Gegenstände nach dem Gutachten des beamteten Arztes 
als mit dem Ansteckungsstoffe der Pest behaftet anzusehen sind. 
Weitergehende Beschränkungen des Gepäck= und Güterverkehrs 
sowie des Verkehrs mit Post-(Brief= und Packet-) Sendungen sind 
nicht zulässig. 
Zu F. 16. Jugendliche Personen aus Behausungen, in denen ein 
Fall von Pest vorgekommen ist, müssen, solange nach dem Gutachten 
des beamteten Arztes eine Weiterverbreitung der Seuche aus diesen 
Behausungen zu befürchten ist, vom Schulbesuche ferngehalten werden. 
Das Gleiche gilt hinsichtlich des Besuchs jedes anderen Unterrichts, 
an welchem eine größere Anzahl von Personen Theil nimmt. 
. Zu F. 19. In Häusern, in welchen Pestfälle vorkommen, sind die 
erforderlichen Maßnahmen zur Desinfektion der Ausscheidungen des 
Kranken sowie der mit dem Kranken oder Gestorbenen in Berührung 
gekommenen Gegenstände zu treffen. Ganz besondere Aufmerksamkeit 
ist der Desinfektion infizirter Räume sowie der Betten und der Leib- 
wäsche des Kranken oder Gestorbenen zuzuwenden. Auch ist Vorsorge
	        
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