Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1900. (34)

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damit möglichst die unmittelbare Abnahme des Erkrankten aus dem Zuge selbst 
durch die Krankenhausverwaltung, die Polizei- oder die Gesundheitsbehörde ver— 
anlaßt werden kann. 
Verlangt der Erkrankte seine Reise fortzusetzen, so ist die ärztliche Ent— 
scheidung darüber, ob der Reisende weiter befördert werden darf, auf der nächsten 
Station, auf welcher ein Arzt anwesend ist, einzuholen. 
Will der Erkrankte den Zug auf einer Station vor der nächsten Ueber— 
gabestation verlassen, so ist er hieran nicht zu hindern. Der Zugführer hat aber 
dem diensthabenden Beamten der Station, auf welcher der Erkrankte den Zug 
verläßt, Meldung zu machen, damit der Beamte, falls der Erkrankte nicht bis 
zum Eintreffen ärztlicher Hülfe auf dem Bahnhofe, wo er möglichst abzusondern 
sein würde, bleiben will, seinen Namen, Wohnort und sein Absteigequartier fest- 
stellen und unverzliglich der nächsten Polizeibehörde unter Angabe der näheren 
Umstände mittheilen kann. 
4. Erkrankt ein Reisender unterwegs in auffälliger Weise, so sind alsbald 
sämmtliche Mitreisenden, ausgenommen solche Personen, welche zu seiner Unter- 
stützung bei ihm bleiben, aus dem Wagenabtheil, in welchem der Erkrankte sich 
befindet, zu entfernen und in einem anderen Abtheil, abgesondert von den übrigen 
Reisenden, unterzubringen. Bei der Ankunft auf der Krankenübergabestation sind 
diejenigen Personen, welche sich mit dem Kranken in demselben Wagenabtheile 
befunden haben, sofort dem etwa anwesenden Arzte zu bezeichnen, damit dieser 
denselben die nöthigen Weisungen ertheilen kann. 
Im Uebrigen muß das Eisenbahnpersonal beim Vorkommen verdächtiger 
Erkrankungen mit der größten Vorsicht und Ruhe vorgehen, damit Alles ver- 
mieden wird, was zu unnöthigen Besorgnissen unter den Reisenden oder sonst 
beim Publikum Anlaß geben könnte. 
5. Der Wagen, in welchem sich ein Pestkranker befunden hat, ist sofort 
außer Dienst zu stellen und der nächsten geeigneten Station zur Desinfektion zu 
übergeben. Die näheren Vorschriften über diese Desinfektion sowie über die 
sonstige Behandlung der Eisenbahn= Personen= und Schlafwagen bei Pestgefahr 
enthält die beigefügte Anweisung A. 
6. Eine Beschränkung des Eisenbahngepäck= und Güterverkehrs findet, ab- 
gesehen von den bezüglich einzelner Gegenstände ergehenden Ausfuhr= und Einfuhr- 
verboten, nicht statt. 
7. Eine Desinfektion von Reisegepäck und Gütern findet nur in folgenden 
Fällen statt: 
a) Auf den zu 2 bezeichneten Zollrevisionsstationen erfolgt auf ärztliche 
Anordnung zwangsweise die Desinfektion von schmutziger Wäsche, alten 
und getragenen Kleidungsstücken und sonstigen Gegenständen, welche 
zum Gepäck eines Reisenden gehören oder als Umzugsgut anzusehen 
sind und aus einem pestverseuchten Bezirke stammen, sofern dieselben 
nach ärztlichem Ermessen als mit dem Ansteckungsstoffe der Pest be- 
haftet zu erachten sind. 
Reichs-Gesetzbl. 1900. 140
	        
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