Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1900. (34)

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2. Ein Personenwagen, in welchem ein Pestkranker sich befunden hat, ist 
sofort außer Dienst zu stellen und der nächsten mit den nöthigen Einrichtungen 
versehenen Station zur Desinfektion zu überweisen, welche in nachstehend an— 
gegebener Weise zu bewirken ist. 
Etwaige grobe Verunreinigungen im Innern des Wagens sind durch sorg— 
fältiges und wiederholtes Abreiben mit Lappen, welche mit Karbolsäurelösung 
befeuchtet sind, zu beseitigen. Alsdann sind die Läufer, Matten, Teppiche, Vor— 
hänge und beweglichen Polster abzunehmen, in Tücher, welche mit Karbolsäure— 
lösung stark angefeuchtet sind, einzuschlagen und der Dampfdesinfektion zu unter— 
werfen. Ein vorheriges Ausklopfen dieser Gegenstände ist zu vermeiden. Gegen— 
stände aus Leder, welche eine Dampfdesinfektion nicht vertragen, sind mit Karbol— 
säurelösung gründlich abzureiben. Demnächst ist der Wagen durchweg einer 
sorgfältigen Reinigung, wobei seine abwaschbaren Theile mit Karbolsäurelösung 
zu behandeln sind, zu unterwerfen und sodann in einem warmen, luftigen und 
trockenen Raume mindestens drei Tage lang aufzustellen. 
Die bei der Reinigung verwendeten Lappen sind zu verbrennen. 
Zur Herstellung der Karbolsäurelösung wird 1 Gewichtstheil verflüssigte 
Karbolsäure (Acidum carbolicum liquelactum des Arzneibuchs für das Deutsche 
Reich) mit 30 Gewichtstheilen Wasser gemischt. 
3. Ist ein Schlafwagen von einem Pestkranken benutzt worden, so muß 
die während der Fahrt gebrauchte Wäsche desinfizirt werden. Zu diesem Zwecke 
ist sie in Tücher, welche mit Karbolsäurelösung stark befeuchte sind, einzuschlagen 
und alsdann in ein Gefäß mit Karbolsäurelösung so, daß sie von der Flüssigkeit 
vollständig bedeckt wird, zu legen; frühestens nach zwei Stunden ist dann die Wäsche 
mit Wasser zu spülen und zu reinigen. Zur Wäsche sind zu rechnen: die Laken, 
die Bezüge der Bettkissen und der Decken sowie die Handtücher. Die Des— 
infektion des Wagens selbst hat in der unter Ziffer 2 vorgeschriebenen Weise zu 
erfolgen; dabei sind jedoch auch die von dem Kranken benutzten Bettkissen, Decken 
und beweglichen Matratzen in der dort angegebenen Weise einzuschlagen und 
alsdann der Dampfdesinfektion zu unterwerfen. Statt der Desinfektion mit 
Karbolsäurelösung kann die Wäsche auch der Dampfdesinfektion unterworfen 
werden. 
Für den Fall, daß es sich als nothwendig erweisen sollte, einen Schlaf- 
wagenlauf gänzlich einzustellen, bleibt Bestimmung vorbehalten. 
4. Die vorstehenden Bestimmungen finden sinngemäße Anwendung bei 
Erkrankungen von Zug= und Postbeamten in den von ihnen benutzten Gepäck- 
und Postwagen. 
5. Die mit der Desinfektion beauftragten Arbeiter haben jedesmal, wenn 
sie mit infizirten Dingen in Berührung gekommen sind, die Hände durch sorg- 
fältiges Waschen mit Karbolsäurelösung zu desinfiziren und sich sonst gründlich 
zu reinigen. Es empfiehlt sich, daß die Desinfektoren waschbare Oberkleider 
tragen; diese sind in derselben Weise wie die Wäsche aus den Schlafwagen zu 
desinfiziren. 
 
	        
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