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b. Zwangsinnungen.
s. 100.
Zur Wahrung der gemeinsamen gewerblichen Interessen der Handwerke
gleicher oder verwandter Art ist durch die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag
Betheiligter (F. 100f Abs. 1) anzuordnen, daß innerhalb eines bestimmten Bezirkes
sämmtliche Gewerbetreibende, welche das gleiche Handwerk oder verwandte Hand—
werke ausüben, einer neu zu errichtenden Innung (Zwangsinnung) als Mitglieder
anzugehören haben, wenn
1. die Mehrheit der betheiligten Gewerbetreibenden der Einführung des
Beitrittszwanges zustimmt,
2. der Bezirk der Innung so abgegrenzt ist, daß kein Mitglied durch die
Entfernung seines Wohnorts vom Sitze der Innung behindert wird,
am Genossenschaftsleben Theil zu nehmen und die Innungseinrichtungen
zu benutzen, und
3. die Zahl der im Bezirke vorhandenen betheiligten Handwerker zur Bil-
dung einer leistungsfähigen Innung ausreicht.
Der Antrag kann auch darauf gerichtet werden, die im Abs. 1 bezeichnete
Anordnung nur für diejenigen daselbst bezeichneten Gewerbetreibenden zu erlassen,
welche der Regel nach Gesellen oder Lehrlinge halten.
Der Antrag kann von einer für das betreffende Handwerk bestehenden
Innung oder von Handwerkern gestellt werden, welche zu einer neuen Innung
zusammentreten wollen.
Ohne Herbeiführung einer Abstimmung (I. 100a) kann der Antrag ab-
gelehnt werden, wenn die Antragsteller einen verhältnißmäßig nur kleinen Bruch-
theil der betheiligten Handwerker bilden, oder ein gleicher Antrag bei einer inner-
halb der letzten drei Jahre stattgefundenen Abstimmung von der Mehrheit der
Betheiligten abgelehnt worden ist, oder durch andere Einrichtungen als diejenige
einer Innung für die Wahrnehmung der gemeinsamen gewerblichen Interessen
der betheiligten Handwerke ausreichende Fürsorge getroffen ist.
S. 100 a
Um festzustellen, ob die Mehrheit zustimmt (S. 100 Abs. 1 Liffer 1), hat
die höhere Verwaltungsbehörde die betheiligten Gewerbetreibenden durch ortsübliche
Bekanntmachung oder besondere Mittheilung zu einer Aeußerung für oder gegen
die Einführung des Beitrittszwanges aufzufordern. Bei der Abstimmung ent-
scheidet die Mehrheit derjenigen, welche sich an derselben betheiligt haben.
g. 100 b.
Die Verfügung, durch welche die im F. 100 Abs. 1 bezeichnete Anordnung
getroffen wird, muß den Zeitpunkt des Eintritts ihrer Wirksamkeit bezeichnen und