Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1904. (38)

Ausführungsbestimmungen 
zu 
dem Gesetze, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, 
vom 30. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 306). 
  
I. Bekämpfung der Cholera. 
1. Zu §§. 12, 13. Diejenigen Personen, welche mit einer an der Cholera 
erkrankten oder verstorbenen Person, mit Wäsche, Kleidungsstücken oder Aus- 
leerungen Cholerakranker in Berührung gekommen sind, sowie die Haus- und 
Arbeitsgenossen Cholerakranker (ansteckungsverdächtige Personen) sind einer Beob- 
achtung zu unterstellen, soweit nicht schärfere Maßregeln nach Nr. 2 zu ergreifen 
sind oder vom beamteten Arzte aus besonderen Gründen für erforderlich erklärt 
werden. Die Beobachtung soll nicht länger als fünf Tage, gerechnet vom Tage 
der letzten Ansteckungsgelegenheit, dauern. Sie ist in schonender Form und so 
vorzunehmen, daß Belästigungen tunlichst vermieden werden. Sie wird, abgesehen 
von den etwa erforderlichen bakteriologischen Untersuchungen der Ausleerungen, 
in der Regel darauf beschränkt werden können, daß durch einen Arzt oder durch 
eine sonst geeignete Person täglich Erkundigungen über den Gesundheitszustand 
der betreffenden Personen eingezogen werden. 
Die höhere Verwaltungsbehörde kann für den Umfang ihres Bezirkes oder 
für Teile desselben anordnen, daß zureisende fremde oder ortsansässige Personen, 
welche sich innerhalb der letzten fünf Tage vor ihrer Ankunft in einem von der 
Cholera betroffenen Bezirk oder Orte aufgehalten haben, nach ihrer Ankunft der 
Ortspolizeibehörde binnen einer zu bestimmenden, möglichst kurzen Frist schriftlich 
oder mündlich zu melden sind. Derartige Personen können als ansteckungsver- 
dächtig angesehen und der Beobachtung unterworfen werden. 
Eine verschärfte Art der Beobachtung, verbunden mit Beschränkungen in der 
Wahl des Aufenthalts oder der Arbeitsstätte (zum Beispiel Anweisung eines be- 
stimmten Aufenthalts, Verpflichtung zum zeitweisen persönlichen Erscheinen vor der 
Gesundheitsbehörde, Untersagung des Verkehrs an bestimmten Orten) ist solchen 
Personen gegenüber zulässig, welche obdachlos oder ohne festen Wohnsitz sind 
oder berufs- oder gewohnheitsmäßig umherziehen, zum Beispiel die in der Fluß- 
schiffahrt oder der Flößerei beschäftigten Personen, fremdländische Auswanderer und 
Arbeiter, fremdländische Drahtbinder, Zigeuner, Landstreicher, Hausierer.
	        
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