Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1904. (38)

2. Zu §§ 14, 18. An der Cholera erkrankte oder krankheitsverdächtige 
Personen sind ohne Verzug unter Beobachtung der Bestimmungen im § 14 
Abs. 2 und 3 des Gesetzes abzusondern. Als krankheitsverdächtig sind — solange 
nicht zwei in eintägigem Zwischenraum angestellte bakteriologische Untersuchungen 
den Choleraverdacht beseitigt haben — solche Personen zu betrachten, welche 
unter Erscheinungen erkrankt sind, die den Ausbruch der Cholera befürchten lassen. 
Anscheinend gesunde Personen, in deren Ausleerungen bei der bakteriologischen 
Untersuchung Choleraerreger gefunden wurden, sind wie Kranke zu behandeln. 
Ansteckungsverdächtige Personen sind gleichfalls unter Beobachtung der 
Bestimmungen im § 14 Abs. 2 und 3 des Gesetzes abzusondern, wenn sie mit 
einem Cholerakranken in Wohnungsgemeinschaft leben. Jedoch kann die Ab- 
sonderung unterbleiben, sofern der beamtete Arzt die Beobachtung (Nr. 1) für 
ausreichend erachtet. 
Die Absonderung ansteckungsverdächtiger Personen darf die Dauer von 
fünf Tagen, gerechnet vom Tage der letzten Ansteckungsgelegenheit, nicht übersteigen. 
Insoweit der beamtete Arzt es zur wirksamen Bekämpfung der Krankheit 
für unerläßlich erklärt, kann angeordnet werden, daß die Gesunden aus der 
Wohnung entfernt und die Kranken, anstatt daß sie zur Absonderung in ein 
Krankenhaus oder in einen sonst geeigneten Unterkunftsraum verbracht werden, 
in der Wohnung belassen werden. Unter der gleichen Voraussetzung kann aus- 
nahmsweise sogar die Räumung des ganzen Hauses angeordnet werden, wenn 
in ihm außergewöhnlich ungünstige, der Krankheitsverbreitung förderliche Zustände 
(Überfüllung, Unreinlichkeit und dergleichen) herrschen. Den betreffenden Be- 
wohnern ist anderweit geeignete Unterkunft unentgeltlich zu bieten. 
Zur Fortschaffung von Kranken und Krankheitsverdächtigen sollen dem 
öffentlichen Verkehre dienende Beförderungsmittel (Droschken, Straßenbahnwagen 
und dergleichen) in der Regel nicht benutzt werden (vergleiche Nr. 6). 
Wohnungen oder Häuser, in denen an der Cholera erkrankte Personen sich 
befinden, sind kenntlich zu machen. 
Denjenigen Personen, welche der Pflege und Wartung von Cholerakranken 
sich widmen, ist aufzugeben, den Verkehr mit anderen Personen solange als 
erforderlich tunlichst zu vermeiden. Sie haben die von dem beamteten Arzte für 
nötig befundenen Maßnahmen gegen eine Weiterverbreitung der Krankheit zu 
beobachten. 
Als geeignet zur Absonderung sind nur solche Krankenhäuser oder Unter- 
kunftsräume anzusehen, in welchen die Absonderung des Kranken derart erfolgen 
kann, daß er mit anderen als den zu seiner Pflege bestimmten Personen, dem 
Arzte oder dem Seelsorger nicht in Berührung kommt und eine Weiterverbreitung 
der Krankheit tunlichst ausgeschlossen ist. 
3. Zu § 15. Die zuständigen Behörden haben besonders zu erwägen, in- 
wieweit Veranstaltungen, welche eine Ansammlung größerer Menschenmengen mit 
sich bringen (Messen, Märkte usw.), in oder bei solchen Ortschaften, in welchen 
die Cholera ausgebrochen ist, zu untersagen sind. 
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