Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1908. (42)

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für die gesetzgebenden Versammlungen der Bundesstaaten und Elsaß-Lothringens 
vom Tage der amtlichen Bekanntmachung des Wahltags bis zur Beendigung 
der Wahlhandlung keine Anwendung. 
Die Zulässigkeit weiterer Ausnahmen regelt die Landesgesetzgebung. Jedoch 
ist in Landesteilen, in denen zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes alteinge- 
sessene Bevölkerungsteile nichtdeutscher Muttersprache vorhanden sind, sofern diese 
Bevölkerungsteile nach dem Ergebnisse der jeweilig letzten Volkszählung sechzig 
vom Hundert der Gesamtbevölkerung übersteigen, während der ersten zwanzig 
Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes der Mitgebrauch der nichtdeutschen 
Sprache gestattet, wenn der Veranstalter der öffentlichen Versammlung mindestens 
dreimal vierundzwanzig Stunden vor ihrem Beginne der Polizeibehörde die An- 
zeige erstattet hat, daß und in welcher nichtdeutschen Sprache die Verhandlungen 
geführt werden sollen. Über die Anzeige ist von der Polizeibehörde sofort eine 
kostenfreie Bescheinigung zu erteilen. Als Landesteile gelten die Bezirke der 
unteren Verwaltungsbehörden. 
Ferner sind, soweit die Landesgesetzgebung abweichendes nicht bestimmt, 
Ausnahmen auch mit Genehmigung der Landeszentralbehörde zulässig. 
§ 13. 
Beauftragte, welche die Polizeibehörde in eine öffentliche Versammlung 
(§§ 5, 6, 7, 8, 9, 12) entsendet, haben sich unter Kundgebung ihrer Eigenschaft 
dem Leiter oder, solange dieser nicht bestellt ist, dem Veranstalter der Versamm- 
lung zu erkennen zu geben. 
Den Beauftragten muß ein angemessener Platz eingeräumt werden. Die 
Polizeibehörde darf nicht mehr als zwei Beauftragte entsenden. 
§ 14. 
Die Beauftragten der Polizeibehörde sind befugt, unter Angabe des Grundes 
die Versammlung für aufgelöst zu erklären, 
1. wenn in den Fällen des § 12 Abs. 3 die Bescheinigung über die ord- 
nungsmäßige Anzeige nicht vorgelegt werden kann; 
2. wenn die Genehmigung nicht erteilt ist (§ 7); 
3. wenn die Zulassung der Beauftragten der Polizeibehörde (§ 13 Abs. 1) 
verweigert wird; 
4. wenn Bewaffnete, die unbefugt in der Versammlung anwesend sind, 
nicht entfernt werden (§ 11); 
5. wenn in der Versammlung Anträge oder Vorschläge erörtert werden, 
die eine Aufforderung oder Anreizung zu Verbrechen oder nicht nur 
auf Antrag zu verfolgenden Vergehen enthalten; 
6. wenn Rednern, die sich verbotswidrig einer nichtdeutschen Sprache be- 
dienen (§ 12), auf Aufforderung der Beauftragten der Polizeibehörde 
von dem Leiter oder Veranstalter der Versammlung das Wort nicht 
entzogen wird.
	        
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