Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1912. (46)

                                         – 24 — 
                                          § 95. 
       Stellt der beamtete Tierarzt den Ausbruch des Milzbrandes oder den Ver- 
dacht dieser Seuche in Abwesenheit der Polizeibehörde fest, so hat er die sofortige 
vorläufige Absonderung der milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Tiere, 
nötigenfalls auch deren Bewachung, anzuordnen. Von diesen Anordnungen, die dem 
Besitzer oder dessen Vertreter entweder zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung 
zu eröffnen sind, hat der beamtete Tierarzt unverzüglich der Polizeibehörde Mit- 
teilung zu machen. 
                                             § 96. 
    Erfolgt die Ermittlung des Milzbrandes oder des Mildbrandverdachts an einem 
gefallenen oder getöteten Tiere und erklärt der Besitzer oder dessen Vertreter bei Mit- 
teilung des amtstierärztlichen Befundes sofort, daß er das Gutachten eines anderen 
Tierarztes einzuholen beabsichtige, so ist der Kadaver nach Anweisung des beamteten 
Tierarztes unter sicherem Verschluß oder unter polizeilicher überwachung auf Kosten 
des Besitzers so lange aufzubewahren, bis ihn der vom Besitzer zugezogene Tierarzt 
untersucht hat. Die Untersuchung ist jedoch mit möglichster Beschleunigung, und zwar 
spätestens binnen 2 Tagen vorzunehmen. Die Polizeibehörde kann diese Frist ab- 
kürzen, wenn sich die Untersuchung nach Lage der Verhältnisse ohne Schwierigkeit in 
kürzerer Zeit ausführen läßt. Nach Beendigung der Untersuchung oder nach frucht. 
losem Ablauf der Frist ist der Kadaver sofort unschädlich zu beseitigen. 
                                               § 97. 
     (1) Die Polizeibehörde und der beamtete Tierarzt haben dafür Sorge zu tragen, 
daß der Besitzer oder der Vertreter des Besitzers der milzbrandkranken oder der Seuche 
verdächtigen Tiere über die Empfänglichkeit des Menschen für Milzbrand, über die 
gefährlichen Folgen eines unvorsichtigen Umgehens mit solchen Tieren und der Be- 
nutzung ihrer Erzeugnisse sowie über die beim Umgehen mit milzbrandkranken oder 
der Seuche verdächtigen Tieren zu beobachtenden Vorsichtsmaßregeln in geeigneter 
Weise belehrt wird. 
  (2) Für milzbrandkranke oder der Seuche verdächtige Tiere sind tunlichst eigene 
Wärter zu bestellen und besondere Futter- und Tränkgeschirre sowie besondere Stall. 
gerätschaften zu verwenden. 
    (3) Personen, die Verletzungen an den Händen oder an anderen unbedeckten 
Körperteilen haben, dürfen zur Wartung solcher Tiere nicht verwendet werden. 
   (4) Räumlichkeiten, in denen sich solche Tiere befinden, dürfen, abgesehen von 
Notfällen, ohne polizeiliche Genehmigung nur von dem Besitzer der Tiere oder der 
Räumlichkeiten, von dessen Vertreter, von den mit der Beaufsichtigung, Wartung und 
Pflege der Tiere betrauten Personen und von Tierärzten betreten werden. 
   (5) Die Räumlichkeiten dürfen von Personen mit bloßen Füßen nicht be- 
treten werden. 
                                                    §  98. 
       Tiere, die an Milzbrand erkrankt oder dieser Seuche verdächtig sind, dürfen 
nicht geschlachtet werden. Als Schlachtung gilt in diesem Falle jede mit Blutentziehung 
verbundene Tötung eines Tieres auch ohne darauffolgende Zerlegung.
	        
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