Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1913. (47)

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Wenn sich bei einer zur Nachtzeit vorgenommenen Untersuchung wegen mangel- 
hafter Beleuchtung oder aus sonstigen Gründen kein sicheres Urteil über den Gesund- 
heitszustand an Bord gewinnen läßt, ist die Untersuchung abzubrechen und am nächsten 
Morgen fortzusetzen oder zu wiederholen. 
Die Untersuchung ist unter Zugrundelegung des ausgefüllten Fragebogens in 
der Weise auszuführen, daß zunächst der Kapitän des zu untersuchenden Schiffes und, 
wenn ein Schiffsarzt die Reise mitgemacht hat, auch dieser nach den Gesundheitsver- 
hältnissen an Bord befragt wird. 
Der beamtete Arzt hat, sofern er es für erforderlich hält, die Angaben durch 
Einsichtnahme in das Schiffstagebuch, Krankenbuch usw.) die zu diesem Zwecke auf 
Verlangen vorzulegen sind, nachzuprüfen und nötigenfalls ihre Vervollständigung zu 
verlangen. 
Die Untersuchung hat sich auf die Schiffsinsassen, die Mannschafts- und sonstigen 
Wohnräume, erforderlichenfalls auch auf die übrigen Schiffsräume, zu erstrecken, wobei 
besonders auf das Vorhandensein kranker Personen, auf verborgen gehaltene oder sich 
verbergende Personen, sowie auf das Vorhandensein kranker oder toter Ratten zu achten 
ist. Die Zahl der untersuchten Personen ist mit den Angaben in der Musterrolle 
und in der Passagierliste des Schiffes zu vergleichen. Solange wahrgenommene Un- 
regelmäßigkeiten durch den Kapitän oder dessen Stellvertreter nicht befriedigend auf- 
geklärt werden, kann die Erlaubnis zur Einfahrt in den Kanal verweigert werden. 
85. 
Schiffen, die Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest (auch Rattenpest oder auf. 
fälliges Nattensterben) oder Pocken an Bord haben!), sowie allen Schiffen, die vor 
weniger als 5 Tagen einen Hafen verlassen haben, gegen dessen Herkünfte durch Be- 
kanntmachung des Reichskanzlers die ärztliche Untersuchung angeordnet ist, darf un- 
beschadet der nachfolgenden Bestimmungen die Einfahrt in den Kanal und die Weiterfahrt 
nur unter der Bedingung gestattet werden, daß sie sich, abgesehen von der Annahme 
eines Lotsen oder eines Schleppdampfers, jedes Verkehrs mit dem Lande und mit 
anderen Schiffen enthalten. Diese Schiffe haben im Kanale bei Tage eine gelbe 
Flagge, bei Nacht ein von allen Seiten sichtbares gelbes Licht am Fockmast zu führen. 
86. 
Über jedes untersuchte und zur Einfahrt in den Kanal zugelassene Schiff, das 
nach einem deutschen Hafen bestimmt ist, ist die zuständige Behörde dieses Hafens 
(Lösch= oder Ladestelle) unter Angabe der Zeit, zu der das Schiff die Weiterfahrt 
antritt, sofort telegraphisch zu benachrichtigen. Wenn bei der Untersuchung festgestellt 
ist, daß das Schiff Cholera, Pest (auch Rattenpest oder auffälliges Rattensterben), 
Gelbfieber, Pocken, Flecksieber oder Aussatz an Bord hat oder während der Reise 
  
1) Personen, die, ohne Krankheitserscheinungen darzubieten, mit ihren Ausscheidungen Cholera- 
oder Pestkeime abgeben, sind wie Kranke zu behandeln.
	        
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