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(Nr. 5286) Bekanntmachung über die Verwertung von Speiseresten und Küchenabfällen.
Vom 26. Juni 1916.
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Ermächtigung
des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914
(Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:
§ 1
In Gemeinden von mehr als 40 000 Einwohnern können durch Anordnung
der Landeszentralbehörde mit Zustimmung des Reichskanzlers die Haushaltungs-
vorstände und die Inhaber und Leiter von gewerblichen oder gemeinnützigen Be-
trieben verpflichtet werden, alle Speisereste und Küchenabfälle (z. B. Reste und
Abfälle von Brot, Backwaren, Kartoffeln und deren Schalen, Gemüse, Früchten
aller Art, Fleisch, Fischen, Suppen, Tunken usw.), soweit sie nicht zur mensch-
lichen Ernährung dienen oder im eigenen Haushalt oder Betriebe verfüttert
werden, vom übrigen Müll getrennt zu sammeln und an die vom Haus- oder
Grundstlckseigentümer bestimmte Sammelstelle abzuführen.
In Fällen, in denen eine wirtschaftliche Verwertung der Abfälle schon vor
Inkrafttreten dieser Verordnung durch Verfüttern außerhalb des eigenen Haus-
halts oder Betriebs nachweislich stattgefunden hat, sind seitens der Gemeinde-
behörden auf Antrag des Sammelpflichtigen Ausnahmen zu gestatten. Auf Be-
schwerde entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde endgültig.
Vorstehende Bestimmungen gelten nicht für Knochen, die in Haushaltungen
abfallen, soweit über sie auf Grund des § 1 Abs. 2 der Verordnung über den
Verkehr mit Knochen, Rinderfüßen und Hornschläuchen vom 13. April 1916
(Reichs-Gesetzbl. S. 276) anderweite Bestimmung getroffen ist.
§ 2
Die Haus- und Grundstückseigentimer sowie deren Vertreter sind ver-
pflichtet, zur Aufnahme der Speisereste und Küchenabfälle (§ 1) auf ihren Grund-
stücken an einer bestimmten, den Sammelpflichtigen und Abholern leicht zu-
gänglichen Stelle Gefäße (Eimer mit Handgriffen) aufzustellen und diese Gefäße
in ordnungsmäßigem und sauberem Zustand zu erhalten.
Die Landeszentralbehörden können zur Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse
abweichende Anordnungen treffen.
§ 3
Die von der Landeszentralbehörde bestimmten Gemeinden von mehr als
40 000 Einwohnern sind verpflichtet, die in den Gefäßen gesammelten Speisereste
und Küchenabfälle (§ 2) wöchentlich dreimal abzuholen und an die Reichs-
gesellschaft für deutsches Milchkraftfutter, G. m. b. H. in Berlin (Reichsgesellschaft)
zu liefern. Die Lieferung erfolgt in Eisenbahnwagenladungen von mindestens je
5000 Kilogramm oder nach einer in der Gemeinde befindlichen Aufbereitungsanlage.
§ 4
Die Reichsgesellschaft ist verpflichtet, die ihr von den Gemeinden gelieferten
Speisereste und Küchenabfälle gegen Zahlung eines angemessenen Übernahmepreises