Metadata: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

196 Die ãsterreithisq· nugarische Nenartie. (Mai 7.) 
versicht verfolgen, als er nach den von berufener Seite wiederholt abge- 
gebenen Erklärungen über die nicht minder friedfertigen Ziele des ihm 
gegenüberstehenden Zweibundes in dieser Gruppierung eine höchst wert- 
volle Ergänzung und Förderung seiner eigenen Aufgaben wohl erblicken 
darf. Diese sozusagen parallel laufenden Aktionen haben bereits ihre 
segensreichen Früchte in ausgiebigem Maße getragen und werden sich 
gewiß auch in Zukunft gleich gut bewähren, zumal ihr Wesen nicht allein 
für jeden der Teilnehmer in der Sicherung des eigenen Besigtzstandes, 
sondern auch in dem Bestreben kulminiert, die schädlichen Rückwirkungen 
von Ereignissen, die sich in anderen Gebieten abspielen würden, zu para- 
lysieren, falls es überhaupt nicht gelänge, das Auftauchen derselben zu ver- 
hindern. Die Vorteile dieser internationalen Konstellationen werden noch 
dadurch prägnanter, daß letztere nicht im mindesten spezielle Vereinbarungen 
zwischen einzelnen Mächten der verschiedenen Gruppen ausschließen über 
ihre spezifischen Interessen, die sie allein berühren und deren Regelung in 
jeder Weise nicht nur in keinem Widerspruch mit den Prinzipien steht, 
welche den Zusammenschluß der Hauptgruppe bewirkte, sondern im Gegen- 
teil nur geeignet ist, die Garantien zu vermehren, mit denen man heute 
allseitig beflissen ist, das große Friedenswerk zu umgeben. Dies beweist 
ebenso das vertrauensvolle Verhältnis, welches gegenwärtig zwischen Italien 
und Frankreich herrscht und dem eine beiderseitige befriedigende Aussprache 
über die früßer bestehenden Differenzen vorausgegangen war, als auch die 
überaus günstige Ausgestaltung unserer eigenen Beziehungen zu Rußland, 
zu der die Ihnen bekannte Petersburger Vereinbarung vom Jahre 1897 
geführt hat. Die seither in letztem Punkte eingetretene Wendung kann 
füglich als eine der erfreulichsten Erscheinungen betrachtet werden, die in 
jüngster Zeit auf dem politischen Gebiet wahrzunehmen waren, weil damit 
vielfach Gefahren eingedämmt zu werden vermögen, die zu dem ständigen 
Inventar der Beunruhigung auf dem europäischen Kontinent gehören. 
Vom Augenblick an, wo autoritativ festgestellt werden konnte, daß weder 
wir noch Rußland selbstsüchtige Zwecke im nächsten Oritent verfolgen, ge- 
schweige denn irgend eine Gebietserweiterung daselbst anstreben, mußte 
logischerweise das Mißtrauen, durch welches das Vertrauen beider Reiche 
zu einander jahrelang schwer belastet wurde, von der Bildfläche schwinden 
und der freundlichen Stimmung den Platz räumen, die wir nunmehr zu 
verzeichnen haben. In der engen Uebereinstimmung zwischen den beiden 
Kabinetten liegt überhaupt das sicherste Mittel, um unser Uebereinkommen 
vor äußerlichen und tieferen Dissonanzen zu bewahren. Denn so sehr die 
Regierungen beider Staaten von dem einmütigen Wunsche beseelt sind, ihr 
Tun und Lassen in den Dienst des Friedens zu stellen, so aufrichtig sie 
das Bestreben haben, alles zu vermeiden, was diese Vorsätze beeinträchtigen 
könnte, so ist anderseits der Umstand nicht zu übersehen, daß die Ziele 
ihrer Politik in starkem Gegensatze zu den Aspirationen einer Reihe un- 
lauterer Elemente stehen, die das Fischen im Trüben planmäßig betreiben, 
und demzufolge keine Mühe scheuen, um durch tendenziöse Ausstreuungen 
und Verdächtigungen das Einvernehmen zu untergraben, welches neben 
anderen Vorzügen auch die Eigenschaft besitzt, gerade ihnen erfolgreich das 
Handwerk legen zu können. Je erfreulicher aber diese Tatsache ist, desto 
gewichtiger drängt sich die Pflicht auf, dafür Sorge zu tragen, daß die 
nunmehr zustande gebrachte Verständigung, frei von jeder Entgleisung, 
auch für die weitere Zukunft unversehrt erhalten bleibe. Der Minister 
weist sodann auf die großen Aufgaben hin, die in allernächster Zeit der 
Lösung harren. Die anderthalb Jahre, die noch vor dem Erlöschen der 
gegenwärtigen Handelsverträge liegen, werden vollauf unsere Tätigkeit in 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.