Full text: Die Freimauerer, deren Ursprung, Geschichte, Verfassung, Religion und Politik.

bundes, wie nicht minder der bürgerlichen Gesellschaft, der 
Kunst und der Wissenschaft am Anfange unseres Jahr— 
hunderts genannt werden können. Der Erste unter ihnen, 
Ignaz Aurel Feßler, geb. 1756 in Ungarn, wurde in 
Wien Kapuziner, entdeckte aber im Klosterleben seiner Um- 
gebung solche schauderhafte Zustände, daß er es verließ; ob- 
schon durch Kaiser Josefs Gunst zum Professor in Lemberg 
ernannt, war er doch vor der Wut der Mönche über seine 
freisinnigen Schriften so wenig sicher, daß er nach Preußen 
floh und dort zum Protestantismus übertrat. In Berlin 
gelangte er bald an die Spitze der Loge Royal-Nork, 
die sich unter ihm zur Großloge entwickelte, wurde aber von 
unverständigen Brüdern mit Undank belohnt und folgte 
1810 einem Rufe nach Rußland, wo er in der reformierten 
Kirche hohe Stellungen einnahm und 1839 starb. Er 
war der Erste, welcher den Hochgraden zu Leibe ging, sie 
jedoch noch nicht gänzlich abschaffte, sondern durch von ihm 
ausgearbeitete „Erkenntnisstufen“ ersetzte, in welchen die 
Unsterblichkeit und die sittliche Weltordnung in ansprechen- 
den und erhebenden Bildern zur Anschauung kommen. 
Feßlers Freund, Bundes= und Leidensgenosse im Ankämpfen 
gegen eingerostete Vorurteile war einer der größten deutschen 
Philosophen, Johann Gottlieb Fichte, geb. 1769 zu Ramme- 
nau in der Lausitz als Kind armer Webersleute. Als 
Professor in Jena und Berlin wirkte er mit Kraft für selbst- 
ständiges Denken und zugleich für die Liebe zu dem von 
den Franzosen unterdrückten deutschen Vaterlande, kurz nach 
dessen Befreiung, 1814, er und seine edle Gattin, als Opfer 
hingebender Sorge in den Kriegslazarethen, starben, ohne 
die nachfolgende schmachvolle Reaktion zu erleben. Fichte 
führte mit Feßler, gegen den er sich kühl und kritisch ver- 
hielt, tieffinnige Korrespondenzen über Freimaurerei und hielt 
Vorträge über dieselbe; an seinem Beispiele können daher 
heutige Gelehrte ersehen, daß es nicht unter ihrer Würde
	        
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