248 Das Staatsbürgerrecht.
(§. 58.)
auf Thronlehne und auf die außerhalb des Staates liegenden Lehne keine Anwendung
(Art. 3 a. a. O.).1
Was nun:
1. die Lehne : betrifft, so bleibt auch nach dem Art. 2 des Gesetzes v. 5. Juni
1852 die Bestimmung aufrecht erhalten, daß die Errichtung neuer Lehne verboten ist,
und daß die noch bestehenden Lehne durch gesetzliche Anordnungen in Allodien umgewandelt
werden sollen. Es ist nun aber das Obereigentum des Lehnsherrn, wo ein solches in
den zur Zeit des Erlasses der Verfassungsurkunde v. 31. Jan. 1850 den Preußischen
Staat bildenden Landesteilen noch bestands, durch den §. 2, Nr. 1 des für den ganzen
damaligen Umfang der Monarchie, mit Ausnahme der auf dem linken Rheinufer be-
legenen Landesteile, ergangenen Ablösungsgesetzes v. 2. März 1850 bei allen innerhalb
des Staates belegenen Lehnen, mit alleiniger Ausnahme der Thronlehne, für aufgehoben
erklärt worden."
Dagegen blieb das Rechtsverhältnis der Mitbelehnten und der Agnaten,
Verbesserungsvorschlag der Fassung des Art. 2
des G. v. 5. Juni 1852 zugrunde liegt (vgl.
Drucks. der II. Kammer 1851—52, Nr. 201, und
v. Rönne, Bearbeitung der Verf. Urk., S. 236 des
Nachtrages), sprechen ausdrücklich aus, „daß es die
Absicht der getroffenen Abänderung sei, in dieser
Weise der künftigen Gesetzgebung über die Lehne
den Weg vorzuzeichnen, und bemerken noch, daß
es bei Gütern, die sich noch im Lehngange be-
finden und deren schuldenfreier Wert zur Be-
gründung eines Fideikommisses nicht ausreicht,
angemessen sein könne, das Lehn in ein Familien-
fideikommiß zu verwandeln. Um auch dies in
keiner Weise zu verschränken, sei die jetzige Fas-
sung des Art. 2 formuliert worden“. — Die
Kommission der I. Kammer, welche sich in ihrem
Bericht v. 20. März 1850 (Drucks. der I. Kammer
1850—51, Nr. 213, s. v. Rönne, Bearbeitung
der Verf. Urk., S. 238) speziell auch über diesen Punkt
äußert, motiviert die Annahme des Ausdruckes:
„soll — aufgelöst werden“ damit, „daß hierdurch
deutlich genug ausgesprochen sei, daß der Gesetz-
gebung die Verwandlung der Lehne in völlig
freies Eigentum nicht als letztes Ziel vorgesteckt,
sondern überlassen werden solle, neue Rechts-
sormen zu finden, durch welche die Sukzessions=
ansprilche der Agnaten und ihrer Nachkommen
geschont würden“.
1 Das G. v. 5. Juni 1852, welches die Art.
40 und 41 der Verf. Urk. aufgehoben und die
oben im Texte angegebenen Bestimmungen an
deren Stelle gesetzt hat, ist nicht aus der Initia-
tive der Krone hervorgegangen, sondern durch An-
träge der Abgeordneten v. Kleist-Tychow und
Graf v. Itzenplitz in der I. Kammer hervor-
gerufen worden (vgl. die ausführlichen Mittei-
lungen über dessen Entstehungegeschichte in
v. Rönne, Bearbeitung der Verf. Urk., Nach-
trag, S. 225—239, wo auch die betreffenden
Kammerverhandlungen und Drucksachen ihrem
wesentlichen Inhalte nach mitgeteilt sind, ins-
besondere Stenogr. Ber. der I. Kammer 1851—
52, Bd. I, S. 173 ff., und Bd. 1I, S. 1009 ff.,
desgleichen der II. Kammer, S. 921, Bd. III,
S. 1091, und Drucksache 1851—52, der 1. Kam-
mer 1851—53, Bd. l, Nr. 17, 21, Bd. II. Nr. 62,
74, Bo. IV, Nr. 200, 213,229, desgl. der II. Kam-
mer, Bd. IV. Nr. 170 und 201).
: Eine Übersicht der im Prenßischen Staate
zurzeit noch geltenden Lehnrechte gibt Neu-
bauer im J. M. Bl. 1849, S. 402—406.
* Infolge des Edikts v. 5. Jan. 1717 (Ny-
lius C. C. M. Tom. II, Abt. 5, S. 81, Nr. 59)
ist die Verwandlung der Lehne in Erbgüter, so-
weit sich dies auf den Lehnsherrn bezieht, nach
und nach in der Mark Brandenburg und der
Neumark, in Ostpreußen, Hinterpommern, Magde-
burg, Mansfeld, Halberstadt nebst Hohenstein,
Minden und Ravensberg bei den landesherrlichen
Lehnen, mit Ausnahme a) der Thron= und Erb-
ämterlehne, b) der feuda extra curtem, c) der
auf zwei Augen stehenden oder beanwartschafteten
Lehne, zur Ausführung gekommen. Die feuda
extra curtem sind demnächst (durch Art. 10 des
Tilsiter Friedens v. 9./12. Juli 1307) ganz aus-
geschieden, und in mehreren der im Jahre 1807
abgetrennten Landesteile hat die französische Ge-
setggebung das Lehnsverhältnis ganz aufgehoben.
Es blieben daher nur als Gegenstände des Lehne-
rechts übrig: 1. in denjenigen von jenen Landes-
teilen, welche nicht von der Monarchie getrennt
worden sind, a) die allodifizierten Lehne hinsicht-
lich der Verhältnisse zwischen den Gliedern der
Familie, b) die wenigen Thron= und Erbämter-
lehne, c) die Privatlehne: 2. in den anderen
Landesteilen, wo das A. L. R. gilt, a) diejenigen
Lehne, bei welchen in den abgetrennt gewesenen
Ländern eine Wiederherstellung der früheren Ver-
hältnisse hinsichtlich der Lehnsbesitzer und Agnaten
stattgefunden hat, b) die in ihrer Verfassung ge-
bliebenen Lehne in denjenigen Landesteilen, wo
das Allodifikationsedikt v. 5. Jan. 1717 nicht zur
Ausführung gekommen ist.
* Der §. 2, Nr. 1 des Ablösungegesetzes er-
klärt das Obereigentum des Lehnsherrn und die
lediglich aus demselben entspringenden, im §. 5
ebend. nicht als fortbestehend bezeichneten Rechte
bei allen innerhalb des Staates belegenen Lehnen,
mit alleiniger Ausnahme der Thronlehne, für auf-
gehoben. Was: 1. die gemachte Ausnahme hin-
sichts der außerhalb des Staates belegenen und
der Thronlehne betrifft, so gründet sich dieselbe
auf die betreffenden Bestimmungen des Art. 41
der Verf. Urk., welche auch in den Art. 3 des
die Art. 10 und 41 der Verf. Urk. aufhebenden
Gesetzes v. 5. Juni 1852 Übergegangen sind.
Zu den Thronlehnen gehören: a) die früher von
der böhmischen Krone ressortierenden drei schlefi.