346 Die Staatsbehörden. (8. 67.)
der König in Person den Vorsitz führte!, und welches in fünf Spezialdepartements ein-
geteilt war. Zu gleicher Zeit bildete der König aus den Kriegskommissariaten und
Amtskammern einheitliche Kriegs= und Domänenkammern, welche alle Kontributions-,
Domänen-, Kommerzien-, Manufakturen-, Fabriken-, Polizei-, Kämmerei= und städtische
Sachen zu bearbeiten haben sollten s und sämtlich dem Generaldirektorium untergeordnet
waren.“ Unter den Kriegs= und Domänenkammern standen die Landräte für die Ver-
waltung des platten Landes, die Magistrate unter der Leitung von staatlichen Kriegs-
und Steuerräten für die Städte, sowie alle „Kammerbedienten“ (Domänenbeamten) in
den Provinzen.? Durch diese Schöpfungen Friedrich Wilhelms I. war zwar das kolle-
gialische System mit Konsequenz durchgeführt; allein er selbst hat es schon für erforder-
lich gehalten, gewisse Regierungsgeschäfte dieser zeitraubenden Behandlungsweise zu ent-
ziehen, indem er im Jahre 1728 in Weiterführung der Gedanken des Großen Kurfürsten
(s. S. 345 zu Note 1) ein besonderes Kabinettsministerium aus seinen speziellen Vertrauten
bildete, in dem namentlich die auswärtigen, die Standeserhöhungs= und die königlichen
Hausangelegenheiten, und zwar bureanmäßig, bearbeitet wurden, und zu welchem auch der
erste Justizminister (später Großkanzler genannt) gehörte.“
Auf diese Weise wurde das
1 Das Personal sollte aus fünf dirigierenden
Ministern, welche als Vizepräsidenten den fünf
verschiedenen Departements vorstanden, und ver-
schiedenen Geheimen Finanz-, Kriegs= und Do-
mänenräten, welche der König ausdrücklich asses-
sores, sowie die ersteren ministri, nannte, zu-
sammengesetzt sein. Alle Sachen wurden von
den Ministern kollegialisch bearbeitet, und die
Minister waren für alles, was beim General-
direktorium vorging, dem Könige verantwortlich,
selbst wenn es nicht in dem ihnen untergeord-
neten Departement vorkam; die NRäte hafteten
nur für dasjenige, was zu dem Departement ge-
hörte, dem jeder von ihnen zugeordnet war (ogl.
das Nähere hierüber in der allegierten höchst merk-
würdigen Instruktion v. 20. Dez. 1722 und im
Auszuge in der Schrift: Geschichte und Darstel-
lung des Organismus der preußischen Behörden,
. 44—48). Ganz eigentümlich ist aber die
Auffossung des Königs von der Verantwortlich-
keit, welche das Generaldirektorium gegenüber den
Untertanen zu übernehmen haben sollte. Die
Instruktion spricht nämlich aus, daß der König
sich die eigene Entscheidung vorbehalte, indem es
darin heißt: „Wir sind doch Herr und König
und können tun, was Wir wollen.“ Den Mit-
gliedern des Generaldirektoriums sollte jedoch
freistehen, ihre Bedenken dem Könige vorzutragen.
Dabei wurde die tiefste Geheimhaltung der In-
struktion anbefohlen und zugleich verordnet, „daß,
wenn die Untertanen und Behörden mit einer
oder der anderen Bestimmung nicht zufrieden sein
möchten, das Generaldirektorium die Sache so
formieren müsse, daß das Odium nicht auf den
König, sondern auf das Generaldirektorium oder
ein und das andere Mitglied desselben, wenn es
nicht anders ist, noch den Leuten eine bessere
Opinion beigebracht werden kann, fallen möge“.
* Nämlich: a) preußische, vor= und hinter-
pommersche und neumärkische Angelegenheiten,
dazu Grenzsachen, Ausrodung und Räumung der
Brüche; b) Mindensche, Ravensbergische, Tecklen-
burgische und Lingensche, auch Rechenkammer= und
Proviantsachen: c kurmärkische, Magdeburgische,
Halberstädtische, ferner Marschsachen und Armen-
verpflegungsangelegenheiten: d) Geldernsche,
Klevesche, Meurssche, Neuschatelsche Angelegenheiten,
orangesche Erbschaftssachen, nebst Post= und Münz-
sachen; e) Justizsachen des Generaldirektoriums.—
Es tritt hier also schon eine Mischung des Real-
und Provinzialsystems hervor. — Die Gerichts-
barkeit des Generaldirektoriums erstreckte sich über
diejenigen Gegenstände, welche mit der Finanz-
verwaltung und der Landespolizei in unmittel-
bare Berührung kamen. Sie wurde durch zwei
Behörden verwaltet: a) ein Oberrevisionskolleginm
als Appellationsinstanz von den Erkenntnissen
der Kriegs= und Domänenkammern (in Domänen-,
Kommerzien= und Fabrikfjustizsachen), und b) eine
Oberrevisionsdeputation für alle Sachen, in welchen
das Oberrevisionskollegium erkannt hatte und die
dritte Instanz zulässig war (vgl. Gräff, v. Rönne
und Simon, Ergänzungen und Erläuterungen
der preußischen Rechtsbücher, 2. Ausg., Bod. V,
S. 39, 40, 43, 44). Die vollständige Trennung
der Rechtspflege von der Verwaltung blieb erst
einer späteren Zeit vorbehalten.
2 Die Bildung der Kriegs= und Domänen-
kammern wurde an die älteren landschaftlichen
Verbände angelehnt: für die Kurmark zu Berlin,
die Neumark zu Küstrin, Preußen zu Königs-
berg, Litauen zu Gumbinnen, Cleve und Meurs
zu Cleve, die Mark zu Hamm, Minden, Navens-
berg, Tecklenburg und Lingen zu Minden, Pom-
mern zu Stettin, Magdeburg und Halberstadt
mit Hohenstein zu Magdeburg und Halberstadt.
Geldern besaß ein Landesadministrationskollegium
der Landstände, welche sämtliche Domänen in
Pacht genommen hatten.
4 Vgl. Stenzel, Geschichte des Preußischen
Staates, Bd. III, S. 341—343, Geschichte und
Darstellung des Organismus der preußischen
Behörden, S. 51. Uber die Organisation und
die Kompetenz der Kriegs= und Domänenkammern
besonders E. Meier, Reform, S. 30—69.
5 E. Meier, Reform, a. a. O., S. 90 ff.,
98 ff.
* Vgl. Cosmar und Klaproth, Der König
lich Preußische Staatsrat, S. 232 ff., und be-
sonders Koser in Forschungen zur! W.
preußischen Geschichte, Bd. II. S. 168 ff.; Le
mann, Stein, Bd. II, S. 376.