Gesetzlich bevorzugte Staatsbürger. (8. 51.) 33
a) in der Provinz Westfalen: 1. der Herzog von Arenberg, wegen der Graf-
sein Eigentum dem franz. Kaiserreiche einver-
leibt wurde (vgl. v. Klüber, Off. R. des D.
B., S. 38 f.), kam dadurch auch Gehmen unter
französ. Hoheit. In der V. v. 21. Juni 1815
war dasselbe unter den Preußen unterworfenen
Standesherrschaften nicht genannt, wohl aber im
Art. 43 der Wiener Kongreßakte v. 9. Juni 1815,
und daher wurde später durch die Kab. O. v. 30.
April 1817 erklärt, daß die V. v. 21. Juni
1815 auch auf Gehmen Anwendung finde. In
Gemäßbeit dessen ist dasselbe demnächst auch im
§. 1. Nr. 1, sub 4 der Instr. v. 30. Mai 1820
mit aufgeführt worden. Bömmelberg war übrigens
der einzige Standesherr freiherrlichen Stan-
des (vgl. Klüber, a. a. O., S. 461, Note e).
Er verkaufte Gehmen im Jahre 1825 an den
Freiherrn von Landsberg-Vehlen. Dieser hat
sich vergeblich bemüht, von der preuß. Regierung
eine Bewilligung zur Fortsetzung der Standes-
herrlichkeit für sich und seine Nachkommen, oder
cine neue Verleihung derselben zu erwirken (vyl.
Klüber, a. a. O., S. 893, Anm. zu c, desgl.
#§. 262, Anm. d, S. 373—374;: pvgl. auch
Maurenbrecher, D. St. R., S. 223 und
Heffter, Beitr. usw., S. 101). Dagegen wurde
durch die Kab. O. v. 15. Okt. 1840 die Herrschaft
Gehmen zu einer Standesherrschaft mit Viril-
stimme im Stande der Fürsten und Herren der
westfäl. Provinzialstände erhoben und es sind zu-
gleich dem Besitzer die (in einer besonderen Ur-
kunde näher bestimmten) Rechte aus der Instr. v.
30. Mai 1320 erteilt, welche nicht als eine Folge
der vormaligen deutschen Reichsstandschaft oder
als ein Ausfluß des hohen Adels anzusehen sind;
auch wurde durch die Kab. O. v. 12. Mai 1843
der Freiherr von Landsberg-Vehlen unter dem
Namen „Grafvon Landsberg-Vehlen und Gehmen“
in den Grafenstand erhoben (vgl. Rauer, Ständ.
Gesetzgeb., Tl. II, S. 65, Zus. 105, und neue
Folge, S. 64 u. S. 1342—44).
von Kaunitz-Rietberg, welcher in der Instr.
v. 30. Mai 1820, §. 1, Nr. I, sub b aufge-
führt ist, und keine männlichen Nachkommen hatte,
hat die Grafsschaft Rietberg i. J. 1822 an den
Gutsbesitzer Tenge zu Nieder-Brackhausen im
Fürstentume Lippe verkauft. Dadurch sind die
Rechte der Standesherrlichkeit erloschen (val.
Klüber, a. a. O., S. 890, Note g; desgl.
Rauer, Ständ. Gesetzgeb., TI. II. S. 65, Zus.
104). Dies hat demnächst auch die Petitions-
komm. des Abg. H. angenommen, bei welchem der
Gutsbesitzer Tenge eine Beschwerde wegen Vor-
enthaltung seiner vermeintlichen aus dem Kaufe
der Mediatherrschaft Rietberg erworbenen, mit
dieser Grafschaft verbundenen besonderen Rechte
erhoben hatte (vgl. den im Plenum nicht zur Be-
ratung gelangten Ber. der Petitionskomm. des
Abg. H. v. 28. Aug. 1862 in den Drucks. 1862,
VII. Legisl.-Per., 1. Session, Bd. IV, Nr. 136,
S. 17—20, und Stenogr. Ber. 1862, Bd. VII.
S. 1149—51). In dem der Bekanntmach. des
Staatsmin. v. 28. April 1832 beigefügten Ver-
zeichnisse der in den preuß. Staaten angesessenen
vormals reichsständ. Häuser (G. S. 1832, S.
v Rönne-Zorn, Preuß. Staatsrecht.
2. Der Fürst
5. Aufl. 1I1.
129—130) findet sich übrigens der Fürst von
Kaunitz-Rietberg noch aufgeführt. 3. Der
Herzog von Looz---Corswaren wegen seines
der preuß. Monarchie einverleibten südlichen An-
teils von Rheina-Wolbeck, welcher im §. 1, Nr. 1
der Instr. v. 30. Mai 1320 unter 7 aufgeführt
ist, war früher nie Reichsstand, auch reichsun-
mittelbar nicht begütert. Der Reichsdeputations-
hauptschluß v. 25. Febr. 1803, §. 32 (v. Meyer,
(orpus Juris Confoder. German., 3. Aufl.,
Bd. I, S. 12) hatte ihm einen Teil der münste-
rischen Amter Bevergern und Wolbeck, dann
Fürstentum Rheina-Wolbeck genannt, zugeteilt
und ihm eine Virilstimme im Reichsfürstenrate
zugesichert. Die Wiener Kongreßakte v. 9. Juni
1815, Art. 43 (a. a. O., S. 264) unterwarf
demnächst standesherrlich den größeren Teil von
Rheina-Wolbeck der preußischen, den Überrest der
hannöverschen Staatshoheit. Durch eine Uber-
einkunft vom Jahre 1824 hat der Herzog auf die
Ausübung der Gerichtsbarkeit und der standes-
herrlichen obrigkeitlichen Verwaltungsrechte gegen
eine Jahresrente von 2000 Tlr. und auf gewisse
Geldansprüche verzichtet (vgl. Klüber, a. a. O.,
S. 890, Note h). Nach dem Erlöschen der her-
zogl. Familie von Looz-Corswaren in Preußen
ist deren preuß. Besitztum durch Erbgang auf
den Grafen Lannoy von Clervaux übergegangen,
welchem der Titel eines „Fürsten zu Rheina-
Wolbeck“ beigelegt ist (vgl. Rauer, Ständ.
Gesetzgebung, neue Folge, S. 64, Zus. 1340).
Da jedoch der jetzige Fürst zu Rheina-Wol-
beck nicht zu den ehemals reichsständischen Ge-
schlechtern gehört, so kann die Bundesgesetzgebung
nicht mehr auf das Fürstentum angewendet wer-
den. Bei der Erhebung des Grafen Lannoy-
Clervaux in den preuß. Fürstenstand sind zwar
durch den betr. königl. Gnadenakt dem jetzigen
Fürstentume die dinglichen Rechte und Vorzüge
belassen, welche demselben früher nach der Bun-
desgesetzgebung zugestanden hatten; da jedoch
diese Verleihung ohne Zustimmung des Bundes-
tages geschehen ist, so blieb die völkerrechtliche
Garantie derselben ausgeschlossen (vgl. Wagener,
Staatslexikon (in dem Art.: „Die mediatisierten
Häuser in Deutschland“], Bd. XXIII, S. 488).
In dem der Bekanntmach. des Staatsmin. v.
28. April 1832 beigefügten Verzeichnisse der in
den preuß. Staaten angesessenen vormals reichs-
ständ. Häuser findet sich der Herzog von Looz-
Corswaren noch unter den fürstlichen Häusern
aufgeführt. b) In der Rheinprovinz bestanden
früher zwei Standesberrschaften: 1. die vormals
reichsständische Herrschaft Gimborn und Neustadt,
dem Grafen von Wallmoden gehörig, welche als
solche auch in der V. v. 21. Juni 1815 aufge-
führt ist, und 2. die Herrschaft Homburg an der
Mark, dem Fürsten von Sayn-Wittgenstein-
Berleburg gehörig, welche in der Instr. v.
30. Mai 1820, §F. 1, Nr. III noch aufsgeführt
ist, und, obwohl früher Bestandteil der reichs-
ständischen Grasschaft Sayn, doch weder Reichs-,
noch Kreisstandschaft hatte, jedoch dessen ungeachtet
als Standesherrschaft im Sinne der D. Bundes-
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