Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Oberrechnungskammer. (§S. 81.) 
gaben von Staatsgeldern, über Zugang und Abgang von Staats- 
eigentum und über die Verwaltung der Staatsschulden zu führen 
hat. Sie besteht aus einem Präsidenten und der erforderlichen Zahl von Direktoren 
und Räten §. 2, Abs. 10. Dieselben werden vom Könige ernannt, der Präsident auf 
Vorschlag des Staatsministeriums, die Direktoren und Räte auf Vorschlag des Prä- 
sidenten der Oberrechnungskammer unter Gegenzeichnung des Vorsitzenden des Staats- 
ministeriums §. 2, Abs. 27.1 Vater und Sohn, Schwiegervater und Schwiegersohn, 
Brüder und Schwäger dürfen nicht zugleich Mitglieder der Oberrechnungskammer sein 
(§. 3. Nebenämter oder mit Remuneration verbundene Nebenbeschäftigungen dürfen 
dem Präsidenten und den Mitgliedern der Oberrechnungskammer weder übertragen noch 
von ihnen übernommen werden (§. 4, Abs. 1). Ebensowenig können die gedachten Be- 
amten Mitglieder eines der Häuser des Landtages sein (§. 4, Abs. 20.2 Die Mitglieder 
der Oberrechnungskammer sind in Beziehung auf Dienstvergehen und Disziplin den 
richterlichen Beamten gleichgestellt (S. 50.2 
III. Die Oberrechnungskammer, deren Geschäftsgang (zufolge des S. 7) durch ein 
Regulativ geregelt ist“, erledigt ihre Geschäfte teils durch Kollegialbeschlüsse, teils durch 
bureaumäßige Einzelarbeit. Insoweit die erstere Form durch das Gesetz vorgeschrieben. 
ist, faßt die Oberrechnungskammer ihre Beschlüsse nach Stimmenmehrheit der Mitglieder, 
einschließlich des Vorsitzenden, welcher bei gleicher Teilung der Stimmen den Ausschlag 
gibt. Die kollegialische Beratung und Beschlußfassung ist bei allen wichtigeren Angelegen- 
heiten 5 vorgeschrieben (I. 8 und §. 7 des Regulativs v. 22. Sept. 1873)." Das Gesetz 
bestimmt hierüber folgendes: Kollegialische Beratung und Beschlußfassung ist jedenfalls 
gemäß §. 8 des Gesetzes erforderlich: 
1. für die Berichte an den König; 
2. für Feststellung der „Bemerkungen“ für den Land= bezw. Reichstag (§. 13),; 
3. für Aufstellung oder Abänderung allgemeiner Grundsätze; 
4. für Erlaß oder Abänderung allgemeiner Instruktionen; 
5. für Gutachten über Anordnungen der obersten Verwaltungsbehörden. 
Insoweit Kollegialbeschlüsse vom Gesetz nicht vorgeschrieben sind, also insbesondere 
für die ganze ungeheure Revisionsarbeit selbst, werden die Geschäfte der Oberrechnungs- 
kammer unter der obersten Leitung des Präsidenten in verschiedenen Abteilungen und 
Revisionsbureaus bearbeitet. Eine geeignete Anzahl dieser Bureaus bildet eine Abteilung, 
welcher ein Direktor vorsteht. In jedem Bureau wird unter Leitung eines Rates des 
Kollegiums des Departementsrates) die erforderliche Zahl von Revisionsbeamten beschäftigt 
(§. 1 des Geschäftsreglements v. 22. Sept. 1873). Für die auf den persönlichen Wir- 
kungskreis des Präsidenten bezüglichen Bureaugeschäfte, für die Kassenverwaltung, die 
Registratur, Bibliothek, Journalführung und Kanzlei sind besondere Bureau= und Kanzlei- 
beamte, desgleichen für den auf die Hausordnung beziglichen Dienst die erforderlichen 
Unterbeamten bestellt (§. 21. Sämtliche Geschäfte sind durch allgemeine Feststellungen 
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— 
Alle Beamten der Oberrechnungskammer, 
mit Ausschluß der Mitglieder, ernennt der Prä- 
sident und übt über dieselben die Dieziplin mit 
den Befugnissen aus, welche den Ministern rück- 
sichtlich der ihnen untergeordneten Beamten zu- 
stehen vgl. §. 6 der G. v. 27. März 1872/. Uber 
die Amtebezeichnung Allerhöchster Erlaß v. 15.April 
1894 G. S., S. 33), dazu Allerhöchster Erlaß 
u. S. Okt. 1808 G. S. 1869, S. 061 2 der 
Meitglieder sind Geh. Ob.-Reg.-Räte, 15 Geh. Neg. 
Räte mit dem Range der 2. bezw. 3. Klasse. 
2 Vgl. Bd. 1. S.313 über die Bedeutung dieser 
Vorschrift: eine analoge Vorschrift bezüglich des 
Reichstags fehlt. 
3s Vgl. das Nähere hierüber in Bd. I, §. 43. 
Die ziolinarbehörde ist für die „Mitglieder“ der 
Groste Dieziplinarsenat des Kammergerichts, für 
  
die „Beamten“ das Plenum der Oberrechnungs- 
kammer selbst. 
4 Das Geschäftsregulativ v. 22. Sept. 1873 
(G. S. 1873, S. 459 ff.) enthält in den S§S. 1—9 
allgemeine Bestimmungen über die Organisation 
und den Geschäftsgang der Oberrechnungskammer 
im allgemeinen, und ferner die Bestimmungen 
über das amtliche Verhältnis des Präsidenten in 
den §§. 10—22, der Direktoren in den §SsS. 23 
—26, der Departementsräte in den §§. 27—33 
und der Revisionsbeamten in den Ss. 341—38. 
5 Vgl. hierüber Bd. III die Lehre vom Staats- 
hauchaltogesen, mit der diese Dinge den engsten 
inneren Zmammenhang haben: f. auch Zorn, 
St. R., Bd. I. S. 473. 
* Vgl. das Nähere hierüber unten Bd. lII im 
Budgetrecht.
	        
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