Full text: Lehrbuch der bayerischen Geschichte.

Bajoarien unter dem Agilolfinger Tassilo II. 19 
Gesandten in Rom getroffen und vermuthlich von ihrer Mission 
Kunde erhalten hatte, lud den Herzog Tassilo vor eine Reichs- 
versammlung nach Worms. Da der Geladene nicht erschien, 
rückte König Karl mit drei Heeren in Bajoarien ein. Entblößt 
von auswärtiger Hilfe, eingeschlossen von drei fränkischen Armeen 
und verlassen von den eigenen Leuten leistete Tassilo im Lager 
des Königs zum dritten Male den Lehenseid und erhielt gegen 
Zurücklassung von dreizehn Geißeln, unter denen auch sein eigener 
Sohn Theodo war, freien Abzug nach Regensburg. Aber kaum 
war er in der Heimath angelangt, so wurde er von Karl auf 
die Kunde hin, daß ein großes Heer der Avaren nach Bajoarien 
im Anzuge und ein neuer Abfall des Herzogs zu befürchten sei, 
an den fränkischen Hof entboten; auch seine Gemahlin und 
sämmtliche Kinder mußten ihm dahin folgen (März 788). Seit 
dieser Zeit kam Tassilo, von Karl dem Großen zurückgehalten, 
nicht mehr nach Bajoarien zurück, wo statt seiner königliche Com- 
missäre die Verwaltung besorgten. Daß die Großen des Reiches, 
darunter auch die bajoarischen, auf dem Reichstage zu Ingel- 
heim (788) den unglücklichen Herzog ob mehrmaligen Lehens- 
bruches zum Tode verurtheilt, Karl dagegen denselben der nahen 
Verwandtschaft wegen (sie waren Geschwisterkinder) begnadigt und 
in ein Kloster verwiesen habe, entbehrt der zureichenden Begründung. 
Wahrscheinlicher ist, daß Tassilos Benehmen auf der Versammlung 
zu Ingelheim bei den Großen des Reiches arge Mißbilligung 
gefunden, er selbst aber, weil er keine Nachgiebigkeit zeigte, von 
Karl entsetzt und in das Kloster zu St. Goar verwiesen worden sei. 
Nach sechs Jahren, innerhalb welcher es Karl gelungen 
war, die Avaren zurückzutreiben, die Griechen zu schrecken 
und sein Ansehen in dem eroberten Bajoarien zu sichern, 
beugte sich Tassilo, von aller Hilfe entblößt, seinem harten Ge- 
schick und leistete auf der Kirchenversammlung zu Frankfurt 
am Main (794) auf alles Recht und Eigenthum in Bajoarien 
auf immer und unwiderruflich Verzicht, wogegen ihm und den 
Seinigen der freie Aufenthalt im Frankenreiche und der Unterhalt 
aus des Königs Mitteln bewilligt wurde. Den Rest seiner 
Tage verlebte er abwechselnd am Hofe Karls und im Kloster 
Gemmetikus (dem heutigen Jümieges bei Rouen), woselbst 
2 ##
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.