— 167 —
dürftigem Unterholz auf und heben ihre dunklen Schirme zu dem
blauen Luftgewölbe empor. Einzelne stattliche Bäume sind in dem
Holzschlage geschont worden und blicken nun wie Patriarchen segnend
über die jungen Baumgeschlechter der Heide. Denn die sperrigen
Astchen der Erika mit ihren zartgrünen Blätterschuppen und lichtroten
Blütenähren umziehen die Wurzeln, festigen den flüchtigen Sand und
locken Züge von summenden Bienen herbei. Wo sich in feuchten
Gründen aber das Wasser staut, bilden sich auch moorige Lager in
der Dresdner Heide. Sumpf= und Wasservögel nisten nun in den
Lachen, Singvögel beleben die Kieferkronen, das Eichhorn löst die
Samen aus den Zapfen, und das Rehwild streicht durch lichtes
Gesträuch. Ein herrlicher Duft strömt aus der Heide, wenn die
Sonne sie bestrahlt, so daß sie für Dresden nicht bloß eine Spenderin
des harzreichen Holzes, sondern auch eine unerschöpfliche Quelle reiner
Waldluft wird. Immer weiter dringen daher auch die Bewohner
der Hauptstadt in das Waldrevier vor, um namentlich in den
Sommermonaten die Lungen zu kräftigen und das Blut zu läntern.
So sind aus kleinen unbedentenden Heidedörfern in unseren Tagen
Luftkurorte mit prächtigen Villen (Klotzsche, Langebrück) geworden.
Ja, die Stadt Dresden selbst hat die Heide bereits erreicht und
erfaßt. Denn die neuen großartigen Militärbauten haben sich ihrem
Saume eingefügt. Für die Fuß= und berittenen Truppen wurden
palastähnliche Kasernen (Artillerie-, Pionier-, Train-, Kavallerie-,
Schützen- und Infanteriekasernen) errichtet. Die Pferde sind in lang-
gezogenen Stallgebäuden untergebracht worden. Auf den umfang-
reichen Hofräumen oder freien Plätzen turnen und exerzieren die
Truppen. Die Kadetten erhalten Unterricht in einem stattlichen Schul-
gebäude im bewaldeten Prießnitztal, und die Offiziere treffen sich in
prächtig ausgestatteten Kasinos (Gesellschaftszimmern). Eine Dampf-
mühle und Brauerei, ein Schlachthof und eine Dampfwaschanstalt
sorgen für die leiblichen Bedürfnisse der Truppen. Im Arsenal
aber, einem schloßähnlichen Bau mit vier stolzen Ecktürmen, stehen in
den niederen Seitenschuppen 1500 Armeefuhrwerke, in den gewölbten
Hallen des Erdgeschosses werden 300 Feldgeschütze verwahrt, und in
den oberen Stockwerken liegen 200 Tausend blanke Schuß= und
Hiebwaffen aufgespeichert. In den Militärwerkstätten für Holz= und
Eisenarbeiten und für Bereitung der Munition kann der Waffen-
vorrat jederzeit ergänzt und bedeutend verstärkt werden. Durch diese
Militäranlagen ist ein vollständig neuer Stadtteil im Nordosten von
Dresden entstanden, der die Macht= und Kraftentfaltung unserer vater-
ländischen Wehrkraft zeigt und mit Recht und Ehren den Namen unseres
verstorbenen Landesherrn, des tapfern, deutschen Feldmarschalls, führt.
Diese „Albertstadt“ am Prießnitzgrunde, im Rücken vom
ernsten Heidewald umrahmt, will die Werke der Kunst
und Wissenschaft, die kostbaren Schätze früherer Jahr-
hunderte, die Früchte des bürgerlichen Fleißes und die
Ehre und Freiheit unseres Vaterlandes mächtig schirmen.