98 Deutschland (ohne Preußen).
welcher über die Vorfragen zur Revision der Bundes-Kriegsverfassung statt-
gefunden hat, in einer mit seiner gegenwärtigen Auffassung übereinstim-
menden Weise darüber ausgesprochen, daß ein zwischen den beiden Groß-
mächten wechselnder Turnus, welcher die eine der andern zeitweise unter-
ordnen würde, mit ihrer europäischen Stellung nicht vereinbar sei. Da-
gegen erkennen wir der Ansicht, daß ein ständiges militärisches Ober-
kommando in einer Hand und eine einheitliche Vertretung nach außen un-
praktisch oder unausführbar sei, die Berechtigung nur für den Fall zu,
wenn die Vereinigung dieser Attribute für den ganzen Staatenbund in An-
spruch genommen würde; nicht aber für den Fall, wenn sie sich blos auf
einen engern Verband im Bunde bezöge, in welchem man für dieselbe einen
vertragsmäßigen Boden gelegt hätte. . . .
„Von der größten Bedeutung und von hohem Werth ist für uns der Um-
stand, daß überhaupt von so gewichtiger Seite, und in so eindringlicher
Weise eine unumwundene Kundgebung über das unabweisliche Bedürfniß
der Reform der Bundesverfassung erfolgt ist. Wir bekennen uns, wie
Frhr. v. Beust sehr richtig vorausgesetzt hat, jetzt wie früher sehr gern zu
der von ihm so beredt dargelegten Ueberzeugung, daß es hohe Zeit und
im Interesse der Erhaltung der für alle Staaten gleich nothwendigen
obersten Grundsätze der Ordnung und des Rechts geboten sei, die Frage
der deutschen Bundesreform dem zersetzenden Treiben des Parteiwesens zu
entnehmen, und zu diesem Zwecke zu einer offenen Auseinandersetzung unter
den Bundesgenossen zu gelangen“. ·
20.Dec. (Mecklenburg.) Der Landtag nimmt die Regierungsvorlage
bezüglich Zoll- und Steuerreform endlich doch noch mit 36 gegen
27 Stimmen an.
23.12. (Württemberg.) Die Kammer der Standesherren nimmt in
endlicher Abstimmung auch ihrerseits das kath. Kirchengesetz mit
22 gegen 14 Stimmen an; die kath. Mitglieder legen Verwahrung
ein, daß „hieraus der kath. Kirche keine Rechte vergeben werden
können“.
23.12. (Württemberg.) Schluß des Landtags. Die Wahl des
Landesausschusses fällt entschieden im Sinne der Regierung aus.
24.12. (Hamburg.) Der Bericht des Ausschusses der Bürgerschaft
schließt mit dem Antrag auf Einführung der Gewerbefreiheit.
25.12. (Württemberg.) Wahlbewegung für die bevorstehenden Land-
tagswahlen. Versammlung, der liberalen Partei in Plochingen.
Dieselbe bestellt ein Landeswahlcomité und genehmigt einmüthig
ein Wahlprogramm:
„Programm der liberalen Partei: „Vor Allem ist es der Ruf
nach der Einheit des deutschen Vaterlandes, den wir erheben,
nach einer Verfassung Deutschlands, welche ihm die seiner Größe und der
Bildung seiner Bürger entsprechende Machtstellung verleiht. Es ist die
Aufgabe der deutschen Regierungen, eine Centralgewalt mit Verzicht auf
einzelne entgegenstehende Souveränitätsrechte zu schaffen, welche diesem
Zwecke entspricht. Die rechtliche Wirksamkeit derselben aber muß bedingt
sein durch die constitutionelle Theilnahme einer vom Volke gewählten
Gesammtvertretung, welche die Einheit Deutschlands zugleich mit seiner
Entwickelung zur Freiheit verbürgt.
Programm der Regierungspartei: „ . . . Für die Einheit
des deutschen Vaterlandes hat unser König in Person mehr ge-