152 Oesterreich — Ungarn.
dem Urbarialwesen verwandten Besitzverhältnisse, ohne Verletzung des Eigen-
thumsrechts, auf der Basis der Billigkeit gegen beide Parteien, und da
Entschädigung respektive der Ablösung, — zu den ersten und wichtigstm
Aufgaben eines zur Creirung neuer Gesetze befähigten Reichstages zählt".
Das Oberhaus tritt dem Proteste des Unterhauses ebenfalls ein-
stimmig bei. Rede Majlaths.
21. Aug. K. Rescript zu Auflösung des ungarischen Landtags:
„Nachdem der nun schon belnahe seit fünf Monaten in Thätigkeit befind-
liche ungarische Reichstag, Unseren Erwartungen, welche in Unseren an
denselben gerichteten Aufforderungen enthalten waren, nicht entsprochen hat.
und da wir zu Unserem tiefen Bedauern im Interesse Unseres Königreiches
Ungarn keine nützliche Thätigkeit mehr von einem solchen Reichstage er-
warten können, welcher seine erhabene Aufgabe in der gegenwärtigen ent-
scheidenden Zeit zum größten Schaden Aller betreffenden Parteien so sehr
verkannte, daß er den Faden des möglichen Ausgleiches deshalb offen für
zerrissen erklärte, weil solche Forderungen nicht erfüllt wurden, deren Trag-
weite die Gränzen dessen, was bewilligt werden kann, weit überschritten:
fühlen Wir Uns gezwungen, den am 2. April 1861 einberufenen Reichstag
aufzulösen, wie Wir ihn denn auch hiemit auflösen. indem Wir Uns, je
nach Möglichkest, die Einberufung eines neuen Reichstags innerhalb des
Verlaufes von sechs Monaten vorbehalten“.
„ „ Der neue Hofkanzler erklärt es in einem Rundschreiben an die
sämmtlichen Obergespäne für geboten, auf die unmittelbar nach
dem 20. Okt. 1860 von seinem Vorgänger Baron Vay erlassenen,
von den Coemitaten aber damals „mit Achtung bei Seite gelegten“
Instruktionen zurückzugehen: ·
«...EsliegtqußerZweifel,daßdemNichtbefolgendermitsotgfältis
ger Vorsicht ausgearbeiteten und mit Allerhöchster Bestätigung versehenen
Instruktion für die Obergespäne und dem bei der Bildung der Comitats-
Commissionen befolgten, mit dieser Instruktion schnurstraks in Widerspruch
stehenden Modus jener ungeordnete und aufgeregte Zustand hauptsächlich
zugeschrieben werden muß, an welchem auch jetzt noch mehrere Comitate in
größerem oder geringerem Maße leiden. In mehreren solchen Comitaten
wurden bei Gelegenheit der Neubildung der Commission nüchterne und in-
telligente, oder durch alte Verdienste ausgezeichnete Männer, größere Grund-
besitzer und höher stehende Würdenträger von der versammelten Volksmasse
deshalb aus der Commission ausgeschlossen, weil die zur momentanen
Führerschaft gelangten Gegner der Ordnung auf die Förderung ihrer Ab-
sichten durch jene Männer nicht zählen kounten. Die Wahl der Comitats-
becamten wurde an vielen Orten ebenfalls von dieser ertremen Partei, ohne
Rücksicht auf Befähigung, geleitet. Der Berathungssaal der Commissienen
ist an wenigen Orten ausschließlich den gewählten Mitgliedern und Comi-
tatsbeamten reservirt, sondern er steht den Bolksmassen offen. Auf diese
Art ist es natürlich, daß die Fragen nicht unter nüchterner Berathung und
nicht nach dem Gewicht der Gründe entschieden werden, sondern die wilde
Leidenschaftlichkeit der Ruhestörer schreckt die Intelligenz zurück, schlägt die
freie Meinung zu Boden und die Willkür entscheidet. Wenn nun jetzt die
Comitate unter solchen Verhältnissen die Rolle der Parlamente übernehmen,
wenn sie dies mit der improvisirten politischen Gerichtsbarkeit und mit einem
provocirenden Briefwechsel mit den übrigen Mitjurisdiktionen verbinden,
folglich zu gleicher Zeit drei solche Gewalten ausüben, welche in der gebil-
deten Welt nirgends vereinigt gefunden werden; wenn sie dabei sich noch
weigern, höhere Verordnungen anzuerkennen; so überlasse ich dem weisen